Christine Miller ist seit 40 Jahren Wildtierbiologin und Expertin für Auerhahn, Birkhuhn, Reh & Co. Im Interview erzählt sie vom alarmierenden Rückgang der Artenvielfalt in den Wäldern des Alpenraumes – aber auch von der überraschend rasanten Rückkehr eines alten, wilden Bekannten: dem Wolf.

 

 

Frau Miller, wie sieht es mit der Artenvielfalt in unseren Wäldern aus?

Dass es außerhalb des Waldes durch industrielle Landwirtschaft zu einem massiven Verlust an Artenvielfalt kommt, ist ja nix neues. Jetzt kommt aber auch noch dazu, dass es einen massiven Artenverlust im Wald gibt. Und das ganze wird einem manchmal sogar noch unter dem Deckmantel des Naturschutzes verkauft.

 

Wie genau kommt es dazu?

Unsere Wälder und Waldtypen sind ja nicht nur wegen des Bodens, Gesteins oder dem Wetter so, wie sie sind. In den Alpen haben sich Tiere, Pflanzen und Menschen über die Jahrhunderte gemeinsam entwickelt, in sogenannten koevoluierten Systemen. Der Mensch hat den Wald ganz unterschiedlich genutzt. Zum Beispiel hat er seine Weidetiere in die Wälder geschickt. Kühe, Schafe und Ziegen gehörten früher in den Wald. Rund 1.500 Jahre oder länger war das seine hauptsächliche Nutzung. Es wurde auch Laub gerecht, Holz und Heu gemacht. Diese unterschiedlichen Nutzungen haben ganz vielfältige Waldtypen erzeugt, die ungeheuer artenreich waren und vielfältige Standorte boten – von schattig bis lichtdurchflutet.

 

Was ist dann passiert?

Seit etwa 100 Jahren gibt es den Trend, den Wald nur unter einem Gesichtspunkt nutzen: nämlich den der Holzgewinnung. So wurden die Nebennutzungen aus dem Wald verbannt. Das wird dann oft noch so verkauft, dass man den Wald angeblich wieder natürlicher macht. Wirklich massiv ist dieser Trend seit den 1990er Jahren zu beobachten. Da habe ich den Eindruck, dass das regelrecht zur Forstdoktrin erhoben wurde.

 

Welche konkreten Folgen hat das für den Artenreichtum im Wald?

Zum Beispiel hat es zur massiven Verschlechterung der Situation von Birkwild, Haselwild und Auerwild beigetragen. Der große Auerhahn braucht Wälder, in die viel Licht einfällt, wo es wenig Jungwuchs gibt. Im modernen Wald wird aber an jeder freien, sonnigen Stelle sofort ein neuer Baum gepflanzt. Damit verschwinden auch die Insekten, die sonnenhungrigen Käfer und Flatterer verschwinden – und mit ihnen die Fledermäuse. Spechte finden keine alten Bäume oder Totholz mehr, um ihre Bruthöhlen zu bauen, die auch sie gerne nutzen. Denn die Bäume werden ja schon mit 80 Jahren geschlägert. Es muss im Wald einfach auch ein paar angeblich unwirtschaftliche Flecken geben dürfen.

Leider wird das in den meisten Forstverwaltungen anders gesehen. Da soll es so wenig Pflanzenfresser wie möglich, also vor allem Rehe, Rothirsche oder Gämsen, im Wald geben.

 

Eine Art ist aber wieder recht massiv in unseren Wäldern vertreten, oder?

Ja, die Wölfe kommen ganz gewaltig zurück. Sie kommen aus drei unterschiedlichen Quellgebieten zu uns. Aus dem Nordosten Deutschlands, das sind Ausläufer der russisch-finnischen Population. Dann jene aus den Westalpen und die Tiere, die vom Südosten, von den Karpaten über den Balkan einwandern. Die jungen, wandernden Wölfe legen riesige Distanzen zurück, um sich ein Revier zu suchen. Das können 300-400 Kilometer sein, manchmal sogar mehr als 1.000 Kilometer. Wir müssen in jeder Gemeinde damit rechnen, dass jederzeit ein Wolf durchläuft.

 

Welche Folgen hat diese Rückkehr der Wölfe?

Die Wölfe stehen bei uns unter strengem Schutz. Damit muss man sich gleichzeitig auch Gedanken über ihre Beutetiere machen. Das bedeutet zum Beispiel, dass von den Jägern weniger Hirsche oder Rehe gejagt werden sollten – um einerseits den Wölfen Beute zu überlassen, dem Wild aber auch die Möglichkeit zu lassen, sich auf sicheres Terrain zurückzuziehen. Sonst finden sich diese Tiere sozusagen zwischen Teufel und Beelzebub wieder. Das muss natürlich auch von den Grundbesitzern, den Behörden und Forstinspektoraten mitgetragen werden.

"Alle Wildtiere haben eine Daseinsberechtigung und der Wolf ist auch keine heilige Kuh. Wir müssen schauen, wo und wie wir sie alle integrieren können."

Übrigens gibt es auch wieder mehr Luchse bei uns. Sie sind im Vergleich zum Wolf weniger problematisch. Ich denke, man kann sie sehr gut in unsere Landschaft integrieren, wenn man zum Beispiel die Jagd anders aufbaut.

 

Wie sieht das mit den Schafen aus?

Sie sind eine besonders leichte Beute für den Wolf. Es gibt drei Arten des Herdenschutzes: Herdenschutzhunde, den Hirten und Zäune, die vor allem Nachts um die Herde aufgestellt werden. All ist aber viel Arbeit, es kostet Zeit und Geld, und ein garantierter Schutz ist es trotzdem nie. Ich habe selbst auch keine Patentlösung und bin dafür, dass alle Parteien hier offen miteinander reden, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Das muss allerdings schnell passieren, denn die Wölfe kommen rasant zurück, er bestimmt das Tempo.

 

Wie geht man in anderen Ländern und Regionen damit um?

Wölfe stehen bei uns wie gesagt unter strengem Schutz. In Osteuropa hingegen dürfen diese Tiere teilweise bejagt werden. Das heißt auch, dass die Wölfe dort gelernt haben, sich unauffälliger zu verhalten. DEN Wolf gibt es nicht, jedes Tier ist anders. In der Schweiz ist es etwa so, dass ein einzelner kluger und geschickter Wolf, der immer wieder Zäune durchbricht und Schafe reißt, erlegt werden darf. Dann gibt es noch den Ansatz, bestimmte Gebiete gänzlich wolfsfrei zu halten. In Nordamerika gibt es dafür staatlich bestellte Wildhüter.

Wolf Christine Miller

Zur Person

Dr. Christine Miller ist Wildtierbiologin und beschäftigt sich seit 40 Jahren eingehend mit Wildtieren und ihren Lebensräumen. Sie ist Mitglied in diversen Prüfungsausschüssen im Bereich Naturschutz, Tourismus und Jagd in Bayern und Südtirol, unterrichtet Jagdaufseher und berät Jäger. Privat ist sie selbst auch als Jägerin in den Wäldern Bayerns und Tirols unterwegs.

Christine Miller ist außerdem Gründungsmitglied der Naturschutzorganisation Wildes Bayern, die unter anderem Stellungnahmen zu den im Zuge von Natura 2000 definierten FFH-Gebieten (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) abgibt.

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