Zukunft vieler Insektenarten.
Viele Insektenarten sind auf kleine Hohlräume angewiesen, um zu überleben. Besonders Wildbienen wie die Maskenbienen (Hylaeus) und die Rostrote Mauerbiene sowie bestimmte Wespenarten nutzen Löcher in altem Holz und hohlen Pflanzenstängeln als Nistplatz. Für sie sind diese unscheinbaren Strukturen von entscheidender Bedeutung, denn sie bieten Schutz für ihre Brut und sichere Verstecke vor Fressfeinden und Witterungseinflüssen. Wildbienen, die im Gegensatz zu Honigbienen solitär leben, legen ihre Eier in solche Hohlräume und verschließen sie diese sorgfältig, um ihre Nachkommen zu schützen.
Auf Lochbohrer angewiesen
Diese Hohlräume schaffen die Wildbienen jedoch nicht selbst. Sie sind darauf angewiesen, bereits vorhandene Löcher zu finden. Besonders in altem Holz entstehen solche Hohlräume häufig durch andere Insekten, wie etwa Käfer. Deren Larven leben zunächst im Holz und fressen sich durch das Material, bis sie sich schließlich verpuppen und sich als ausgewachsene Käfer aus dem Holz herausbohren. Diese Löcher, die durch den Entwicklungszyklus der Käfer entstehen, bieten den Wildbienen ideale Nistplätze. Auch die Löcher in hohlen Pflanzenstängeln, wie etwa von Beifuß, Flockenblume oder Wilder Karde, entstehen ebenfalls meist durch äußere Einflüsse. Einige Schmetterlings- und Käferlarven fressen sich durch das Mark der Stängel, wodurch Hohlräume entstehen, die später von Wildbienen und Wespen genutzt werden können. Es sind aber nicht nur Insekten, die für diese Strukturen sorgen: Pflanzenstängel sterben im Winter ab und trocknen aus, was natürliche Hohlräume entstehen lässt. Oft entsteht der Zugang zu den hohlen Stängeln durch mechanische Einflüsse wie Wind oder das Abbrechen der Pflanzen, aber ebenso wie beim alten Holz sind es häufig Larven, die diese Öffnungen schaffen. In Blühstreifen sind es beispielsweise Schmetterlingsraupen, wie die der Glasflügler.
Eine Frage der Entfernung
Insekten, die bei ihrer Nistplatzwahl auf Hohlräume angewiesen sind, haben einen begrenzten Bewegungsradius. Die Reichweite von Wildbienen beträgt meist nur wenige Hundert Meter, abhängig von der Art. Kleinere Wildbienenarten fliegen oft nur etwa 200 bis 300 Meter, während größere Arten wie die Rostrote Mauerbiene Entfernungen von bis zu einem Kilometer zurücklegen können. Diese kurzen Flugstrecken bedeuten, dass die Insekten auf Nistmöglichkeiten und Nahrungspflanzen in unmittelbarer Nähe angewiesen sind. Besonders in landwirtschaftlich genutzten Landschaften, wo geeignete Nistplätze und Nahrungsquellen immer öfter eher selten sind, wird dies zur Herausforderung für viele Arten. Nachdem die Insekten ein passendes Loch als Nistplatz gefunden haben, beginnen sie, ihre Eier darin abzulegen. Sie haben dabei artspezifisch ihre eigene Methode, um sicherzustellen, dass die Nachkommen gut versorgt sind. Wildbienen legen ihre Eier in einzelne Kammern, die sie sorgfältig mit Pollen und Nektar füllen, um den schlüpfenden Larven eine Nahrungsquelle zu bieten, sodass die Larven genug Energie haben, um sich zu verpuppen und schließlich als ausgewachsene Insekten das Nest zu verlassen. Einige Wespenarten wie die Töpferwespen nutzen eine andere Strategie. Sie legen ihre Eier in das Loch und versorgen die Larven mit gefangenen Insekten. Meist sind es betäubte Raupen oder Käfer, die als lebende Nahrungsvorräte dienen. Auf diese Weise haben die Wespenlarven eine frische Nahrungsquelle, die ihnen genügend Energie liefert, um zu wachsen und sich zu verpuppen.
Überwintern im Loch
Sobald die Brut versorgt ist, verschließen die Insekten das Nest sorgfältig. Sie nutzen dazu Lehm, Pflanzenfasern oder Harz, um das Loch zu verschließen und so ihre Nachkommen vor Fressfeinden und Witterungseinflüssen zu schützen. Die sorgfältige Wahl des Nistplatzes und die Vorbereitung der Brutkammern sind entscheidend für den Erfolg der nächsten Generation. Doch nicht nur die Entwicklung der Brut, sondern auch das sichere Überwintern ist für viele Insektenarten von großer Bedeutung. Viele Arten nutzen die Hohlräume nicht nur zur Fortpflanzung, sondern auch als sicheren Rückzugsort, um gut durch den Winter zu kommen. Ein bekanntes und beliebtes Beispiel ist der Siebenpunkt-Marienkäfer, der sich in diese Hohlräume zurückzieht, um sich vor Kälte und Fressfeinden zu schützen. Diese winzigen Rückzugsorte bieten ihm ein stabiles Mikroklima, das lebensnotwendig ist, um den Winter zu überstehen. Die Nutzung dieser natürlichen Nist- und Überwinterungsmöglichkeiten hat eine lange Evolution hinter sich. Insekten haben sich perfekt an das Leben in diesen winzigen Nischen angepasst. Das Schwinden solcher Strukturen in der modernen Landwirtschaft setzt immer mehr spezialisierte Insektenarten unter Druck. Doch es ist nicht schwer, diesen Arten die benötigten Nist- und Überwinterungsplätze zu bieten. Indem man einfach hohle Pflanzenstängel in Blühstreifen stehen lässt, schafft man wertvollen Lebensraum. Auch das Bohren von kleinen Löchern in alte Holzpfähle, wie sie beispielsweise bei Weidezäunen zu finden sind, kann für viele Insektenarten eine lebenswichtige Nistmöglichkeit sein. Jeder Hohlraum, jede stehen gelassene Pflanze kann ein neuer Lebensraum werden – ein kleiner, aber entscheidender Schritt für den Schutz unserer Insektenwelt.