Wie der respektvolle Umgang mit der begrenzten Ressource Boden bis zum Jahr 2030 aussehen könnte.

Es sind jetzt gerade einmal zehn Jahre her, dass eine visionäre Umweltpolitik Österreich ins weltweite, öffentliche Interesse gerückt hat. Die wissenschaftlichen Befunde und mediale Berichterstattung über die Auswirkungen landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Praktiken auf den Boden und die Biodiversität waren um das Jahr 2020 so erdrückend, dass die Politik schließlich handeln musste, um ihre Glaubwürdigkeit in dieser Materie nicht noch mehr zu verspielen. Letztendlich hat sich die Politik zum Ziel gesetzt, die österreichische Landwirtschaft komplett auf biologischen Landbau umzustellen und sich darüber hinaus zur strikten Einhaltung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele verpflichtet. Vorausgegangen waren hitzige Debatten über gesundheitliche Auswirkungen häufig eingesetzter Pestizide, die weiträumige Kontamination von Böden und Gewässern mit Pestiziden, Arzneimittelrückständen, Mikroplastik und Schwermetallen. Endgültig das Fass zum Überlaufen gebracht haben wahrscheinlich Befunde, dass auch das Trinkwasser in großen Teilen Österreichs mit vielen Substanzen kontaminiert war. Dazu kamen auch noch die, durch den menschengemachten Klimawandel verursachten Wetterkapriolen. Schließlich mussten selbst eingefleischte Skeptiker einlenken, selbst die Vertreter der industriellen Landwirtschaft mussten eingestehen, dass die gesetzten Maßnahmen nicht wirklich nachhaltig waren. Was heute im Jahr 2030, ob der um sich greifenden Lethargie und Selbstzufriedenheit unvorstellbar anmutet - es gab damals auch ein enormes Aufbäumen der Zivilgesellschaft mit regelmäßigen Demonstrationen gegen das Artensterben, mit Unterschriftenaktionen und Volksbegehren.

In der Rückschau wissen wir, dass mögliche Auswirkungen auf Bodenprozesse auch von der Wissenschaft falsch eingeschätzt wurden. Wir sehen heute, dass Bodenfunktionen wie Wasserinfiltration, Wasserrückhaltevermögen oder Kohlenstoffspeicherung relativ schnell wieder gesteigert werden konnten. Was leider nicht wieder regeneriert werden konnte war die ursprüngliche Artenvielfalt. Konnten vor 10 Jahren selbst auf landwirtschaftlichen Flächen durchaus noch besondere Spezies an Pflanzen, Insekten, Spinnen aber auch Wirbeltiere verzeichnet werden, sind heutzutage größtenteils nur mehr sogenannte Allerweltsarten vertreten. Dies zeigt, dass die Funktion von Ökosystemen durch mehrere Arten abgedeckt wird – Ökologen sprechen von Redundanz. Es zeigt aber auch deutlich, dass wir jetzt im Jahre 2030 quasi mit der letzten Garnitur an Arten unterwegs sind, die für die Aufrechterhaltung der Ökosysteme gerade noch ausreichend ist.

Image
Gewässer am Barbenhäufel

Positiv zu vermerken ist, dass damals langfristig budgetierte Biodiversitätsmonitoring-Projekte im ganzen Land vom Flachland bis ins Hochgebirge installiert wurden. Im Vergleich zu früheren Ansätzen wurden nun auch dezidiert Bodenorganismen und wichtige Bodenfunktionen als Messparameter miteinbezogen. Die Biodiversität im Boden wird heutzutage nicht mehr so stark ignoriert wie damals. Wir wissen durch dieses Monitoring auch, dass in Österreich, etwa 25 % der beschriebenen Arten im Boden leben. Auch konnte nachgewiesen werden, dass wichtige Ökosystemleistungen, die vom Boden ausgehen, wieder besser funktionieren. Beispielsweise konnte gezeigt werden, dass Regenfälle, die noch vor 10 Jahren zu Überschwemmungen geführt haben, von den Böden mittlerweile besser aufgenommen werden, da sich die Wasseraufnahme der Böden infolge der gesteigerten Bodenaktivität verbessert hat.

Die Problematik wurde damals bemerkenswert ganzheitlich angegangen. Auch das Wissen um Bodenbiodiversität unter Schulkindern und in der allgemeinen Bevölkerung hat sich nachweislich verbessert. Dazu beigetragen hat sicher auch, dass fast alle Tageszeitungen Kolumnen zu ökologischen Themen veröffentlichen. In den, mittlerweile stark reduzierten, öffentlich-rechtlichen Medien gibt es zumindestens einmal pro Woche eine einstündige Reportage oder Dokumentation mit klar ökologischen Themen.

Stark von dieser Ökologisierung der Gesellschaft haben die Tourismusregionen profitiert. Österreich als Urlaubsland wirbt jetzt speziell auch mit seiner reichhaltigen Biodiversität. Der viel beworbene gesunde Lebens- und Erholungsraum ist mittlerweile auch in einer Landschaft eingebettet, die jetzt wieder deutlich reicher strukturiert ist als noch vor 10 Jahren.

Neben der Honorierung von Maßnahmen zur Schonung der Bodenbiodiversität und den positiven Auswirkungen auf Insekten und Feldvögel werden die landwirtschaftlichen Betriebe mittlerweile auch für klimafreundliches Wirtschaften entlohnt. Manche Betriebe schaffen es mittlerweile sogar, völlig klimaneutral zu produzieren und große Mengen von CO2 durch gezielten Humusaufbau zu speichern. Die humusangereicherten Böden sind auch bessere Wasserspeicher und ermöglichen so das Übertauchen immer öfter auftretender Trockenperioden. Auch häufiger auftretende Starkregenfälle werden von diesen Böden besser aufgenommen. Ein Hektar funktioneller (unversiegelter) Boden kann 2.000 m³ Wasser speichern.

Auch wenn sich vieles zum Besseren gewendet hat, besteht noch eindeutiger Handlungsbedarf beim Bodenverbrauch. Immerhin wurde der noch in den 2020er Jahren übliche Bodenverbrauch von 12 ha pro Tag in Österreich halbiert. In einigen Vorzeigeprojekten wird sogar versucht, den Prozess der Bodenversiegelung rückgängig zu machen. Aus diesen Projekten wissen wir, dass die Bodenneubildung sehr langwierig ist und bei etwa 1 cm Humusaufbau pro 100 Jahre liegt.

Image
Bodenalm Zillertal

Es geht im Jahr 2030 aber auch vermehrt um die Wiedererlangung von fruchtbarem Ackerland unter selbstverständlicher Schonung wertvoller Biodiversitätsflächen. Davor war bei vielen landwirtschaftlichen Produkten der Selbstversorgungsgrad niedrig, bei anderen Zweigen wurden mit viel öffentlichem Geld Exporte unterstützt. Dies war sicher auch eine Folge der veränderten Agrarpolitik, weg von der unspezifischen Flächenförderung hin zu ökologisch adäquaten Produktpreisen. Österreich hat sich auch in der Europäischen Union dafür stark gemacht, dass es zu einer Umstellung der gemeinsamen Agrarpolitik kommt, weg von Flächenförderung zur Förderung der auf den landwirtschaftlichen Betrieben eingesetzten Arbeitskräfte. Als Mitnahmeeffekt gibt es jetzt auch viel mehr Arbeitsangebot am Land.

Generell ist der Umgang mit der nicht erneuerbaren Ressource Boden ein sensiblerer. Siedlungserweiterungen, die automatisch einen weiteren Verlust von produktiven Böden zeigen, wurden stark reglementiert. Standard ist mittlerweile stark verdichteter Wohnbau, das geringe Wachstum der österreichischen Bevölkerung unterstützt diese Bestrebungen. Wenn 2020 tatsächlich noch neue Straßen gebaut und projektiert wurden, so gehtes jetzt vielerorts um den Straßenrückbau. Eine ähnliche Tendenz gab es schon in den 2020er Jahren mit ehemals kanalisierten und verbauten Fließgewässern, die zunehmend ökologisiert wurden. Davon profitieren nicht nur die biologische Vielfalt, sondern auch die Menschen. Durchzunehmenden Straßenbau werden Landschaften zerschnitten und die Ausbreitung und Wanderung von Pflanzen und Tieren unterbunden.

Mit dem Umbau der österreichischen Landwirtschaft auf Bio-Landbau hat sich auch der Treibhausgasausstoß der Landwirtschaft stark reduziert und sich auch der Bezug der Menschen zu Lebensmitteln verändert. Entgegen aller Warnungen im Jahre 2020 vor einer Abkehr von der pestizidintensiven Landwirtschaft, ist die Nahrungsmittelsicherheit der österreichischen Bevölkerung im Jahr 2030 bestens gewährleistet und überwiegend auch regional geprägt. Obwohl die Lebensmittel deutlich teurer geworden sind, gibt es keine sozialen Unruhen, weil gleichzeitig die Mieten durch staatliche Eingriffe deutlich günstiger geworden sind und sich die Menschen die Lebensmittel leisten können. Beschleunigt hat die Transformation auch eine strikte CO2-Steuer und der Umbau des Wirtschaftssystems weg von einer rein kapitalistischen zu einer Gemeinwohlökonomie.

Auch wenn im Jahr 2030 noch manches zu tun ist auf dem Weg zu einer umfassenden Wertschätzung der Ressource Boden, so stimmen die Veränderungen, die in den letzten 10 Jahren angestoßen wurden durchaus zuversichtlich. Es hat sich aber auch gezeigt, dass ohne eine respektvolle Einbeziehung der Zivilgesellschaft und der unabhängigen Wissenschaft eine gesellschaftliche Transformation zu einer nachhaltigeren Gesellschaft wohl nicht gelungen wäre.

 

Autor ist Johann G. Zaller vom Institut für Zoologie der Universität für Bodenkultur Wien

Meckerziege oder flotte Biene?

Flotte Biene! Dann bist du auf Österreichs größter Plattform für Naturerlebnisse genau richtig.

Jetzt registrieren

Verwandte Naturerlebnisse

Buch dir deinen Guide - Privat-Tour

Buch dir deinen Guide - Privat-Tour

5. Mai |
Steiermark
Veranstalter: Nationalpark Gesäuse GmbH

Buch dir deinen Guide - Privat-Tour mit einem/-r Nationalpark Ranger:in

Unsere Ranger:innen stimmen ihre Führung individuell auf Ihre Wünsche, Vorstellungen und Interessen ab.

Wieso sieht der Wald hier so wild aus? Und was genau macht diesen kleinen blauen Käfer besonders? Unsere Ranger:innen gehen bei einer exklusiven Führung auf Ihre Fragen ein und vermitteln dabei das Herzensanliegen unseres Nationalparks: die Werte der Wildnis.

Wenden Sie sich an das Informationsbüro in Admont und wir vermitteln Ihnen gerne eine:n erfahrene:n und bestens geeignete:n Nationalpark Ranger:in. Anfragen unter der Tel: +43(0)3613/21160-20; info@nationalpark-gesaeuse.at, oder Sie nutzen die direkte Buchung: einfach Datum auswählen, Halb- oder Ganztag und los geht´s. Alles andere übernehmen wir für Sie.
Die Buchungsabwicklung und Bezahlung erfolgt über das Infobüro des Nationalparks Gesäuse in Admont.

Gesäuse Partner der Kategorie „Outdoor Anbieter" bieten ebenfalls eigene Programme und individuelle Touren an (Rafting, Schitouren, Klettertouren, Wandern... ): sich einmal mit Freund:innen auf schwierigere Wanderwege ins Hochgebirge wagen, die Kletterkünste testen oder im Winter eine Schitour ohne Sorge um Orientierung und Sicherheit machen...

Buslinie G912

Österreiche Bundesbahn: www.oebb.at
BusBahnBim-Auskunft: www.busbahnbim.at

Buslinie G912

Reisen Sie zu unseren Veranstaltungen, wenn möglich, mit öffentlichen Verkehrsmitteln an oder benützen Sie im Sommerhalbjahr das Gesäuse Sammeltaxi (+43 3613 21000 99). Die Parkplätze im Nationalpark Gesäuse sind kostenpflichtig (Tagesticket € 6,00). Nähere Informationen zu den Parkplätzen finden Sie hier. Allgemeine Informationen zur Anreise in den Nationalpark Gesäuse finden Sie hier.

€ 195,00 für eine Halbtagestour
€ 290,00 für eine Ganztagestour

Gerne beraten wir Sie individuell und erstellen ein passendes Angebot für Sie!

Sie bezahlen bequem per Kreditkarte, Direktüberweisung.

Wenn Sie die Tour gerne nach Rechnungserhalten überweisen möchten, nehmen Sie bitte mit uns Kontakt auf.

Gibt es Beispiele für derartige Touren?
Ja, Sie können sich gerne hier einen Überblick über unsere Standard-Touren verschaffen. Sie können sich aber auch gerne einfach thematische Schwerpunkte, Routen oder Aktivitäten wünschen und wir organisieren eine:n genau für Ihre Bedürfnisse passende:n Ranger:in.

Ich möchte auch gerne eine:n Bergwanderführer:in oder eine:n Bergführer:in buchen?
Bei schwierigen Wanderungen in alpine Gipfelregionen, Klettertouren oder Schitouren sollten Sie sich von Bergführer:innen oder Bergwanderführer:innen begleiten lassen. Eine Auflistung finden Sie hier.

Treffpunkt und Zeitpunkt wird gemeinsam mit dem Guide bei Buchung vereinbart

Geführte Touren sind ganzjährig möglich.

Interessen und Intensität der Halb- oder Ganztagestour werden individuell angepasst.

Buch dir deinen Guide - Privat-Tour
Der Fährte folgen
Murmeltier im Weitental

Weitental: Tal der Idylle & Blumenpracht

5. Mai |
Tirol
Veranstalter: Hochgebirgs-Naturpark Zillertaler Alpen

Bunte Alpenblumen, ein Wasserfall und Murmeltiergarantie!

Nach einer kurzen Gondelfahrt zur Sommerbergalm beginnt unsere spannende Tour. Das erste Teilstück führt uns über einen Erlebnisweg der Tux-Welten empor. Diesen verlassen wir bald und erblicken bereits das Tuxer-Joch-Haus, das tolle Ausblicke auf die umliegende Bergwelt bietet. Von der Schutzhütte steigen wir in das idyllische Weitental ab, das so einiges zu bieten hat. Neben den vielen bunten Alpenblumen bewohnt eine große Murmeltier-Mannschaft das Tal. Diese werden wir sicher beim Fressen, Spielen oder bei einem ihrer Sonnenbäder beobachten können. Ein weiteres Highlight ist die Schlucht am Ende des Tals. Der Wanderweg begleitet den Bach, der sich immer tiefer in sein Bett eingräbt und über den Schleierwasserfall in die Tiefe stürzt. Vom Wasserfall gelangen wir gemütlich durch Almgelände und lichten Bergwald zurück nach Hintertux.

Gut zu wissen:

Charakter: Rundtour auf Pfaden und Steigen (300 Hm im Aufstieg | 800 Hm im Abstieg)

Dauer: ca. 6 Std.; davon 5 Std. reine Gehzeit

Termine: jeden Montag von 01.07. - 09.09.2024

Treffpunkt: 09:00 Uhr | Steinmännchen am Kassavorplatz der Gletscherbahn

Unkostenbeitrag: Erwachsene € 15,00 - Gäste der Naturpark-Partnerbetriebe, sowie Naturpark-Mitglieder kostenlos

Bergfahrt Sommerbergbahn: € 17,00 - muss separat bezahlt werden

Allgemeines:

Einkehrmöglichkeiten: Tuxer-Joch-Haus

Teilnehmerzahl: Maximal 9 | Anmeldung unbedingt erforderlich

Anfahrt (Buslinie 4104): Abfahrt 08:10 Uhr Mayrhofen Bahnhof - Ankunft 08:50 Uhr Hintertuxer Gletscher

Rückfahrt (Buslinie 4104): Abfahrt 15:25 Uhr Hintertuxer Gletscher – Ankunft 16:05 Uhr Mayrhofen Bahnhof

Weitental: Tal der Idylle & Blumenpracht
Der Fährte folgen