Brachen, verschwindet auch die Grauammer!
Die Grauammer ist Vogel des Jahres 2024. Ihr Brutbestand nahm in den letzten 25 Jahren um 95 Prozent ab (*). Keine andere der überwachten Vogelarten in Österreich ist derartig stark zurück gegangen.
Letzte Verbreitungsinseln
„Der aktuelle Brutbestand dürfte sich auf weniger als 500 Paare belaufen“
, weiß Michael Dvorak, wissenschaftlicher Mitarbeiter von BirdLife Österreich, möglichweise sogar deutlich darunter. Ehemals ein häufiger Vogel des Agrarlandes, ist die Grauammer heute nur mehr auf kleine Verbreitungsinseln im östlichen Weinviertel und im Marchfeld in Niederösterreich, sowie auf die Parndorfer Platte und die Region um den Neusiedler See im Burgenland beschränkt. Abseits dieser Gebiete ist die Grauammer im übrigen Österreich weitgehend verschwunden.
Ursache und Wirkung
Als ehemaliger Charaktervogel der offenen, extensiven Agrarlandschaft benötigt die Grauammer ungenutzte Flächen. „Solche Brach- oder Ruderalflächen sollten zumindest zehn Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen ausmachen, damit sich eine lebensfähige Grauammer-Population in Österreich halten kann. Sind diese Brachen weg, ist auch die Grauammer weg!“, betont Michael Dvorak. Als in den späten 1990er Jahren bis zu zehn Prozent der Ackerflächen der EU stillgelegt werden mussten, erreichten die Grauammer und andere Vögel des Agrarlandes sehr viel höhere Populationsdichten als heutzutage. „Es geht um das Überleben der Grauammer, die kurz vor dem Aussterben steht und um alle anderen Arten, die ebenso in Bedrängnis sind! Wirksame Maßnahmen zur Wiederherstellung artenreicher Naturräume sind unumgänglich!“, plädiert Michael Dvorak von BirdLife Österreich.
Hintergrund
Voraussetzung für die Auszahlung erheblicher Agrarförderungen ist die Einhaltung bestimmter Konditionalitäten, darunter die ökologisch wichtigen Brachen. Unter dem Vorwand einer Nahrungsverknappung aufgrund des Ukrainekriegs wurden Teile dieser Regelungen seit 2022 außer Kraft gesetzt. Die Agrarlobbys drängen jedoch auf deren dauerhafte Abschaffung. Unter dem Druck der Bauernproteste knickte die EU-Kommission ein – entgegen dem eigenen „Green Deal“ und wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse – und schlug eine Deregulierung und Flexibilisierung vor.
Unterm Strich eine Verschlechterung der Umweltleistungen der Agrarförderungen, so BirdLife Österreich und weiter: „Es ist zu befürchten, dass ohne diese Mindestanforderung von vier Prozent Brachen in vielen Regionen auch die ambitionierteren Auflagen des ÖPUL nicht ausreichen, um annähernd zehn Prozent „space for nature“ in der Landschaft zu erreichen; des Weiteren sollen Betriebe unter zehn Hektar Betriebsfläche nicht mehr kontrolliert und sanktioniert werden, das sind österreichweit 40 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe!“ BirdLife appelliert daher an das EU-Parlament, diesen Kahlschlag im Interesse unserer Umwelt entschieden abzulehnen.
(*): Quelle: Brutvogelmonitoring 2022