Hohe Beteiligung zeigt großes Interesse
Im 16. Jahr der größten Vogelzählaktion des Landes haben 26.897 Vogelbegeisterte insgesamt 645.540 Vögel aus unseren winterlichen Städten und Dörfern gemeldet. Die erneut überaus hohe Beteilung zeigt, dass sich die „Stunde der Wintervögel“ seit dem Start im Jahr 2010 als beliebte Tradition für viele Vogel-Fans etabliert hat. „Im Jahr 2010 starteten wir, nur im Bundesland Wien, mit genau 500 Zähler:innen. Aus diesem bescheidenen Anfang heraus hat sich die Zählung zu einem Fixtermin im Kalender vieler Naturliebhaber:innen in ganz Österreich entwickelt“, sagt Gábor Wichmann, Geschäftsführer von BirdLife Österreich. In Wien und Oberösterreich haben sogar so viele Personen mitgezählt wie noch nie (W: 2.620, OÖ: 5.548 Teilnehmende).
Kohlmeise verteidigt 1. Platz am Siegerstockerl
Dieses Jahr war die Kohlmeise erneut die häufigste Vogelart in Österreichs Siedlungen. Mit durchschnittlich 4,7 Individuen pro Garten lag ihr Ergebnis etwas unter jenem des Vorjahres, aber nach wie vor zeigt sie sich am verlässlichsten an den Futterstellen: Sie war etwa an neun von zehn Zählorten vertreten. Im Gegensatz zum Vorjahr, wo sie in nahezu allen Bundesländern den 1. Platz erreichte, war sie heuer nur in Wien, Niederösterreich und Oberösterreich Spitzenreiter. Der Haussperling (Hausspatz) und der Feldsperling (Feldspatz) flatterten österreichweit auf die Plätze zwei und drei und traten ähnlich häufig auf wie im Vorjahr. Die beiden zeigten sich in nahezu der Hälfte aller Gärten, und jeweils eine der beiden Arten eroberte sich damit den Spitzenplatz in den restlichen Bundesländern. Die Amsel landete österreichweit auf Platz vier und war im Vergleich zum Vorjahr vor allem in Ostösterreich um ca. 19 % weniger häufig anzutreffen. Eine entscheidende Rolle könnten dabei Vogelkrankheiten gespielt haben: Vergangenen Herbst trat vor allem im Osten unseres Landes wieder gehäuft das Amselsterben auf (Infektionen mit dem Usutu-Virus), das schon in der Vergangenheit für vorübergehende Rückgänge österreichischer Amselbestände verantwortlich war.

Bergfink trumpft auf
Ein Highlight der diesjährigen Zählung war der Bergfink, der mit 37.398 Individuen österreichweit Platz sieben belegte. In Oberösterreich erreichte er sogar Platz vier in Salzburg und Tirol Rang fünf. Evelyn Hofer, Projektleiterin der Aktion, zeigt sich begeistert: „Der Bergfink hat die Beobachter:innen in diesem Jahr besonders erfreut! Zuletzt konnten wir 2016 einen so starken Einflug von Bergfinken beobachten.“ Das vermehrte Auftreten hat sich schon in den Wochen vor der „Stunde der Wintervögel“ abgezeichnet. Dieser attraktive Wintergast brütet in den Nadel- und Birkenwäldern Skandinaviens. Im Winter sucht er bevorzugt nach Bucheckern, was ihn manchmal in großen Zahlen bis nach Mitteleuropa führt. Ein reiches Angebot an Bucheckern machte die Regionen nördlich des Alpenhauptkamms in diesem Winter offensichtlich besonders attraktiv für diesen Wintergast. Ergiebige Schneefälle zum Jahreswechsel führten dort dann dazu, dass die Bergfinken in großen Zahlen die Futterstellen im Siedlungsgebiet aufsuchten.
Beim Kernbeißer zeigte sich ein ähnliches Bild: In den nordwestlichen Bundesländern wurde er nahezu doppelt so häufig gesichtet wie in den vergangenen fünf Jahren. Auch Daten aus anderen Quellen deuten auf einen verstärkten Einflug dieser Art aus nordöstlichen Regionen Europas hin. Den Erlenzeisig hingegen vermissten viele Zähler:innen am diesjährigen Zählwochenende. Mit Rang 19 schaffte er es erstmals seit fünf Jahren nicht in die Top 10. Ein stärkerer Einflug aus nördlicheren Regionen ist bei dieser kleinen Finkenart heuer ausgeblieben.
Besorgniserregend ist der voranschreitende Sinkflug des Grünlings. Während der ehemalige Stammgast an der Futterstelle in den ersten Jahren der Vogelzählaktion noch in jedem zweiten Garten beobachtet werden konnte, findet man ihn mittlerweile nur mehr an jedem fünften Zählort. Dem hübschen, grüngelben Finkenvogel macht seit Jahren die Vogelkrankheit Trichomoniasis zu schaffen. Hervorgerufen wird sie von einzelligen Parasiten, die vor allem Finkenvögel, und unter diesen insbesondere Grünlinge, befallen.
Vogelrarität am Rande Wiens
Ein Zähler freute sich bei der heurigen „Stunde der Wintervögel“ über eine ganz besondere Vogelart: Er konnte einen Tienschan-Laubsänger auf seine Zählliste setzen – einen Brutvogel der Bergwälder Zentralasiens. Dieser kleine Vogel zieht im Winter eigentlich nach Süd-Asien und konnte überhaupt erst zum zweiten Mal in Österreich beobachtet werden. Der erste Nachweis in unserem Land gelang im Herbst 2022. Es kommt selten, aber doch regelmäßig vor, dass einzelne Individuen verschiedener Zugvogelarten von ihrer Zugroute abkommen und fernab des üblichen Verbreitungsgebiets auftauchen.
Langfristige Entwicklungen
An den diesjährigen Zähltagen vom 4. bis 6. Jänner 2025 hielten sich im Schnitt rund 31 Vögel in den heimischen Gärten auf. Das waren in etwa gleich viele wie im Vorjahr (32 Vögel). Während die durchschnittliche Zahl der Vögel pro Garten seit 2020 stabil geblieben ist, zeigt der langfristige Vergleich (2011–2025) einen Abwärtstrend. In den ersten fünf österreichweiten Zähljahren wurden noch über 40 Vögel pro Garten registriert, während in den letzten Jahren die Zahlen nur mehr um die 30 Vögel pro Garten schwankten.
Viele Einflussfaktoren
Das winterliche Auftreten der Vögel in unseren Städten und Dörfern wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, welche sowohl die für Vögel typischen Bestandsschwankungen als auch den langfristig negativen Trend erklären können:
- Milder werdende Winter spielen dabei eine zentrale Rolle: Vor allem in Tieflagen bleiben geschlossene Schnee- und Eisdecken über längere Zeiträume aus. Dadurch finden viele Vogelarten weiterhin ausreichend Nahrung in Wäldern. Dies betrifft insbesondere samenfressende Waldvogelarten wie Buchfink, Tannenmeise oder Kleiber.
- Häufiger auftretende Baummastjahre: Durch die Klimakrise häufen sich Baummastjahre – das sind Jahre, in denen bestimmte Baumarten besonders viele Samen tragen. Sie sind als Stressreaktion der Bäume zu deuten. Während Baummastjahre meist dazu führen, dass die Vögel in den Wäldern viel Nahrung finden und deshalb in geringeren Zahlen zu den Futterstellen kommen, kann sich in manchen Jahren der gegenteilige Effekt ergeben: Die vielen Samen im Wald können nämlich Gäste aus dem Norden anlocken. So dürfte das heurige Buchenmastjahr in den nordwestlichen Teilen des Landes zu den hohen Zahlen an Bergfinken in dieser Region geführt haben.
- Der Zuzug von Vögeln aus dem Norden spielt bei vielen Arten, darunter auch beim heurigen „Siegervogel“, der Kohlmeise, eine wesentliche Rolle. Dieser kann Jahr für Jahr sehr unterschiedlich ausfallen. Die Schwankungen hängen stark vom Nahrungsangebot, den Wetterbedingungen und dem Bruterfolg in den nördlichen Herkunftsregionen ab. Besonders auffällig war in diesem Jahr der Einflug des Bergfinks.
- Lebensraumverschlechterungen für Vögel in den Städten und Dörfern, wie die zunehmend naturfern gestalteten Gärten, der Verlust alter Baumbestände und die ungebremste Verbauung, dürften sich ebenso negativ auf die Bestände der Siedlungsvögel auswirken. Eine davon besonders betroffene Art ist der Haussperling, dessen Zahlen über die Jahre stetig zurückgegangen sind. Er hält sich ganzjährig in Städten und Dörfern auf und sein Vorkommen wird nicht durch Witterungsverhältnisse, Samenangebot im Wald oder Zuzug aus dem Norden beeinflusst.

Sieger des Fotowettbewerbs
Auch in diesem Jahr hatten Teilnehmer:innen der „Stunde der Wintervögel“ die Gelegenheit, ihre schönsten Fotos und Videos von Wintervögeln rund um das Futterhaus bei BirdLife Österreich einzureichen. Den Fotowettbewerb, bei dem über 1.300 Fotos hochgeladen wurden, gewann Mike Androsch aus Oberösterreich mit einer beeindruckenden Aufnahme, die einen Bergfink im Flug sehr gelungen in Szene setzt.
WEITERE DETAILS ONLINE – FILTERN NACH BUNDESLAND UND REGIONEN
Wer mehr über die winterliche Vogelwelt in seiner Region erfahren möchte, findet umfassende Informationen online: Die Ergebnisse sortiert nach Bundesland und Region sind unter https://stunde-der-wintervoegel.at in tabellarischer Form und an Hand einer Karte einzusehen.