Österreichs größtes Citizen Science-Projekt, die „Stunde der Wintervögel“ endet mit einem Teilnehmerrekord. Im 15ten Zähljahr übermittelten 27.821 Teilnehmende, über 13 Prozent mehr als im Vorjahr, ihre Zählergebnisse an die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich. Die Kohlmeise war mit Abstand der häufigste Wintervogel im Siedlungsraum, gefolgt von Haus- und Feldsperling. Durchschnittlich wurden österreichweit 32 Vögel je Zählort beobachtet. Das sind deutlich mehr als im Vorjahr, dennoch lässt sich über die nunmehr 15 Zähljahre ein negativer Trend feststellen. Wie bei fast allen vorangegangenen Zählungen wurden auch heuer im Süden Österreichs mehr Vögel beobachtet als im Norden des Landes.
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15.Stunde der Wintervögel 2024 Top 10 Österreich

Teilnahmerekord

Im Jubiläumsjahr nahmen um 13,4% mehr Naturbegeisterte an der Stunde der Wintervögel teil als im Vorjahr. Der größte Zuwachs an Teilnehmenden kamen aus Niederösterreich (plus 18,5%) und Oberösterreich (plus 18%). 27.821 Vogelfans meldeten insgesamt 677.186 Vögel und damit um 45% mehr als im Vorjahr aus dem winterlichen Siedlungsraum. Seit der ersten Zählung im Jahr 2010 meldeten 180.937 Teilnehmende zur „Stunde der Wintervögel“ insgesamt beeindruckende 4.399.481 Wintervögel.

„Von bescheidenen Anfängen im Jahr 2010, als bei einer auf Wien beschränkten Pilotzählung 384 Meldungen über insgesamt 11.484 Vögel eingingen, über die erste österreichweite Aktion im Jahr 2011 mit bereits über 4.200 Meldungen hat sich unsere „Stunde der Wintervögel“ inzwischen zur populärsten Mitmachzählung Österreichs entwickelt und steht fix im Kalender vieler Vogelfreund:innen“, meldet Gábor Wichmann, Geschäftsführer von BirdLife Österreich stolz. Die nächste Stunde der Wintervögel findet von 4. bis 6. Jänner 2025 statt.

Häufigste Wintervögel

Bei der heurigen Jubiläumszählung war die Kohlmeise Österreichs häufigster Siedlungsvogel. Mit 5,3 Individuen pro Garten wurde sie in 89,4% der Gärten gesichtet und verwies den Vorjahressieger Haussperling (umgangssprachlich: Hausspatz) und den Feldsperling (umgangssprachlich: Feldspatz) auf die Plätze zwei und drei. Seit Anbeginn der winterlichen Zählungen sind diese drei Arten die häufigsten Vögel im winterlichen Siedlungsraum. Die heurigen Beobachtungen zeigten sich um knapp 2 (1,8) Kohlmeisen mehr in den Gärten als in den Vorjahren. Der Haussperling und der Feldsperling traten ähnlich häufig auf wie in den Vorjahren. Der Haussperling flog in 45,6%, der Feldsperling in 42,1% aller Gärten. Die Amsel flatterte auf Platz vier und war im Vergleich zum Vorjahr in allen Bundesländern um ¼ (26,8%) häufiger anzutreffen. Innerhalb Österreichs wurde ein „Süd-Nord-Gefälle“ festgestellt: Im Süden des Bundesgebietes, in Kärnten, Steiermark, Südburgenland und Osttirol, waren deutlich mehr Vögel pro Garten zu beobachten. In den südlichen Bundesländern Kärnten und Steiermark waren durchschnittlich 38,4 Vögel pro Garten zu sehen. Dieses Phänomen kann seit Beginn der Zählreihe festgestellt werden – viele Kurzstreckenzieher und Teilzieher halten sich im Winter eher südlich des Alpenhauptkamms oder auch südöstlich des Alpenraumes auf als nördlich davon.

Langzeittrend negativ

Im Durchschnitt flatterten an den diesjährigen Zähltagen (5. bis 7.1.2024) rund 32 Vögel (32,3) in die heimischen Gärten. Das waren deutlich mehr als im Vorjahr, als sich mit 26 Vögeln pro Garten so wenige Vögel wie noch nie im Siedlungsraum aufhielten. Der Langzeittrend über die 15-jährige Zählreihe (2010 bis 2024) zeigt jedoch eine kontinuierliche Abnahme der Vögel pro Zählort: Waren in den ersten sechs österreichweiten Zähljahren noch mehr als 40 Vögel pro Garten zu beobachten, ging es ab 2016 nahezu stetig bergab. Viele

Einflussfaktoren

Das winterliche Auftreten der Vögel im Siedlungsraum wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, welche sowohl die für Vögel typischen Bestandsschwankungen als auch den langfristig negativen Trend erklären können:

Die Witterung zum Zählzeitpunkt, vor allem das Vorhandensein oder das Fehlen einer geschlossenen Schneedecke während der Zählung und in den Wochen davor, zeigt einen signifikanten Zusammenhang mit den Zählergebnissen: Je winterlicher, umso mehr Vögel. Die Schneefälle im heurigen Winter in weiten Landesteilen trugen sicherlich zu einem vermehrten Einflug in die Siedlungen bei der aktuellen Stunde der Wintervögel bei. Ein typischer „Schneebote“, den es bei Schneefall aus dem Bergwald in die Siedlungen zieht, ist der Gimpel – bei ihm war die Zunahme gegenüber dem Vorjahr besonders auffällig: Er flog in mehr als doppelt so vielen Gärten ein und erreichte immerhin Platz 14 in der Rangliste. Dass es jedoch immer seltener wirklich harte Winter gibt, wirkt sich auch auf den insgesamt negativen Gesamttrend aus.

Das Nahrungsangebot abseits der Siedlungen, vor allem die Menge an verfügbaren Baumsamen im Wald, hat ebenfalls einen deutlichen Einfluss: Werden im Zuge von sogenannten Mastjahren bei einzelnen oder mehreren Baumarten besonders viele Samen produziert, finden die Vögel reichlich natürliche Nahrung. Der Winter 2022/23 zeigte ein besonders starkes Mastjahr bei Fichten, Buchen und Eichen und dementsprechend ein besonders geringes Vogelaufkommen in den Siedlungen. Im heurigen Winter tragen die Waldbäume hingegen wenig Samen – auch dies ein Faktor, der das vermehrte Auftreten von samenfressenden Vögeln wie Buchfink, Tannenmeise oder Kleiber im Vergleich zum Vorjahr erklärt. Insgesamt werden jedoch (trockenstressbedingte) Mastjahre durch die Klimakrise immer häufiger.

Der Zuzug von Vögeln aus dem Norden spielt bei vielen Arten, zum Beispiel auch beim heurigen Siegervogel, der Kohlmeise, eine wesentliche Rolle und kann Jahr für Jahr sehr unterschiedlich sein. Dieser wird wiederum vom Nahrungsangebot und den Witterungsverhältnissen, aber auch vom Bruterfolg in den Herkunftsgebieten beeinflusst. Von einigen prominenten Zuzüglern aus dem Norden wurde Österreich heuer jedoch fast außenvorgelassen: Die exotisch wirkenden Seidenschwänze traten in den letzten Wochen in unseren östlichen Nachbarländern vermehrt auf, bei uns wurden nur wenige gesichtet. Bergfinken traten zwar bei uns häufiger als im Vorjahr auf, doch beneiden heimische Vogelfans die Schweizer Kolleg:innen, die gerade einen Masseneinflug von etwa einer Million dieser nordischen Wintergäste erleben dürfen.

Lebensraumverschlechterungen für Vögel in den Siedlungen, also zunehmend naturfern gestaltete Gärten, der Verlust alter Baumbestände und die ungebremste Bodenversiegelung dürften sich ebenso negativ auf die Bestände der Siedlungsvögel auswirken. So wurden über die Jahre hinweg auch laufend weniger Haussperlinge beobachtet – eine Art, die sich ganzjährig in Städten und Dörfern aufhält und deren Zahlen nicht durch Witterungsverhältnisse, Samenangebot im Wald oder Zuzug aus dem Norden beeinflusst wird.

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Buchfink

Fotowettbewerb 

Zum dritten Mal bestand die Möglichkeit im Zuge der „Stunde der Wintervögel“, Fotos und Videos von Wintervögeln rund ums Futterhaus an BirdLife Österreich zu senden. Die schönste Momentaufnahme wurde nun prämiert: Das Siegerfoto von Regina Winkler zeigt Feldsperlinge an der Futtersäule. BirdLife Österreich setzt sich für den Vogel- und Naturschutz in Österreich und grenzüberschreitend ein. BirdLife Österreich verwirklicht wissenschaftlich fundierte Natur- und Vogelschutzprojekte in den vier Kernbereichen: Artenschutz, Lebensräume, Nachhaltigkeit und Bewusstseinsbildung.

BirdLife Österreich ist Partner von BirdLife International, dem weltweit größten aktiven Netzwerk von Natur- und Vogelschutz Organisationen mit über 2,7 Millionen Mitgliedern in 120 Ländern. Alle Details (Zuordnung in Bundesländer oder Regionen) zur Stunde der Wintervögel 2024 sind nachzulesen unter: https://www.stunde-der-wintervoegel.at

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