Rund um das niederösterreichische Absdorf könnte in den kommenden Jahren ein einzigartiges Naturparadies entlang von zwei Wasserläufen entstehen. Das Herzensprojekt des Bürgermeisters Franz Dam soll nachhaltig neuen Lebensraum für zahlreiche bedrohte Tier- und Pflanzenarten schaffen, vom Schmetterling bis zur Schleiereule. Das macht die kleine Gemeinde mit ihren großen Visionen zum idealen Kandidaten für Österreichs größten Naturschutzpreis „Die Brennnessel“. 

„Und das“, sagt Franz Dam, Bürgermeister der 2.100-Seelen-Gemeinde Absdorf in Niederösterreich, „ist das Geheimnis des Wagram.“ Wir stehen in einem zweihundert Jahre alten Weinkeller und leuchten mit Taschenlampen ins Dunkel. Nach Franz Dams Hinweis erkennen wir sie schließlich auch, die vielen Schichten aus denen die Wände bestehen. Sandstein, Löss und Lehm haben die Donauhochwasser hier über die Jahrtausende abgelagert. Dazwischen stecken große Findlinge, die mit angeschwemmt wurden. Der Wagram ist ein langgestreckter Höhenzug aus eiszeitlichem Löss und eigentlich, so erfahren wir an diesem spätsommerlichen Nachmittag, das Ufer der „Urdonau“. Die geografischen Besonderheiten dieser Region zu kennen ist wichtig, um Franz Dams mit großem Eifer geführtes Projekt wirklich verstehen zu können.

Renaturierung Absdorf

Vielseitiger Naturraum mit großem Potenzial

Südlich des Wagram liegt Absdorf, eine nur auf den ersten Blick unscheinbare Gemeinde. Ihre Geschichte reicht nämlich tausend Jahre zurück. Gegründet wurde sie einst von bayrischen Mönchen, um hier Wein anzubauen. Was den umliegenden Naturraum so besonders macht, ist seine Diversität und Kleinstrukturiertheit. Denn Absdorf ist umgeben von einem extrem trockenen Gebiet nördlich des Wagrams und dem feuchten Land südlich davon, das unterhalb der Geländekante Richtung Donauauen und Donau abfällt.

Genau um dieses Areal drehen sich auch Franz Dams zahlreiche Ideen und Visionen, die sich zu einem ganz konkreten Projekt verdichten: Der Renaturierung des Schmida-Mühlbachs. Was hier in den 50er Jahren reguliert und „verrohrt“ wurde, wie es der Bürgermeister nennt, dem soll demnächst wieder Platz und Raum gegeben werden. Das Flussbett der Schmida soll vielfältig strukturiert und erweitert werden, das Ufer wieder breiter und vor allem weniger steil. Denn die Regulierung hat das Gebiet zu einem recht feindlichen Raum für Tiere und Pflanzen gemacht. Für kleinere Tiere wie Hamster, Igel oder Ziesel ist das Wasser praktisch unerreichbar – oder wird sogar zur Todesfalle. Auf den brav gemähten Wiesen blüht kaum eine Wildblume, die Schmetterlingen oder Bienen Nahrung bieten könnte. Das möchte Franz Dam ändern. „Irgendwann will ich am Ufer wieder die Blumen sehen, die in meiner Kindheit hier gewachsen sind. Margeriten und Frauenhaar zum Beispiel.“

„Der Seeadler soll der einzige sein, der eine Fischereigenehmigung hat.“ - So stellt sich Bürgermeister Franz Dam die Zukunft des Schmida-Mühlbachs vor.

Mosaik aus Naturräumen und Biotopen

Mittlerweile haben wir uns vom kühlen Weinkeller nahe der Absdorfer Kellergasse zu einer hölzernen Aussichtsplattform auf dem Wagram begeben. Von hier bietet sich ein toller Ausblick über das Tullnerfeld und die Gemeinde, an guten Tagen reicht die Sicht bis zum Schneeberg. Heute sind nur die Türme des niemals in Betrieb genommenen Kernkraftwerks Zwentendorf am Horizont zu sehen.

„Es soll einmal ein Mosaik aus unterschiedlichen Naturräumen und Biotopen werden“, sagt Franz Dam und deutet dorthin, wo jetzt noch brav die Schmida fließt und sich das trockengelegte Bachbett des Mühlbachs entlang zieht. In den nächsten zwei bis fünf Jahren sollen Feuchtzonen, Auwälder und kleine Tümpel neben seenartigen Wasserflächen entstehen. Vielleicht wird es auch eine Steilwand als Nistplatz für Schwalben und Bienenfresser geben, und sogar einen kleinen Wasserfall. Ein Areal, in dem Tiere und Pflanzen die Hauptrollen spielen. Die Menschen bleiben eher stumme Beobachter, die vielleicht von einem Steg aus die Natur erleben, ohne dabei zu stören – das ist es, was Franz Dam vorschwebt. Und: „Der Seeadler soll der einzige sein, der eine Fischereigenehmigung hat.“

Was demnächst entlang des Schmida-Mühlbachs alles zu sehen sein könnte, wenn man nur gut genug hinsieht?

  • Schleiereule
  • Steinkauz
  • Wiedehopf
  • Bienenfresser
  • Seeadler
  • Ziesel
  • Fledermausarten (zB.: Mopsfledermaus, Bartfledermaus, Brandtfledermaus uvm.)
  • Biber
  • Fischotter
  • Eidechse
  • Blindschleiche, Ringelnatter
  • Wasservögel
  • Schmetterlinge
  • verschiedenste Blumenarten wie das Frauenhaar

 

Alfred Grand, Biobauer und passionierter Naturfotograf, hat Blühendes Österreich diese atemberaubenden Naturaufnahmen zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns herzlich!

Gut Ding braucht Weile

Franz Dam erzählt am Weg hinunter zur Schmida enthusiastisch über den Schwarm Bienenfresser, der vor kurzem über seinen Kopf hinweg Richtung Süden gezogen ist. Er schwärmt vom Nachtpfauenauge, das sich neben ihm niedergelassen hat und den Bibern im benachbarten Plexental, das er gerne das „Tal der Biber“ nennt.

Damit diese Sichtungen keine Einzelfälle bleiben, muss man sich Zeit nehmen, sagt der Bürgermeister. „Es ist ein langfristiges Projekt und die Nachhaltigkeit ist mir dabei besonders wichtig. Die Menschen sollen auch in fünfzig Jahren noch etwas davon haben.“ Deswegen bindet er auch die Absdorferinnen und Absdorfer in die Planungen mit ein und spricht viel mit den Jägern aus der Gegend. Einer seiner wichtigsten Mitstreiter und Berater aber ist der Biobauer Alfred Grand. Ein Mann, der Regenwürmer züchtet, besten Biodünger herstellt und seine Äcker auch manchmal brachliegen lässt, damit Wildblumen und Tiere einen Lebensraum finden.

„Aber wenn auch nur 20 Prozent renaturiert werden können, ist schon viel gewonnen. Ich kämpfe um jeden Quadratmeter.“ Bürgermeister Franz Dam über die Renaturierung der Schmida-Mühlbach.

Die Zukunft in besten Händen

Auch wenn Franz Dam als Jäger selbst vieles über die Tier- und Pflanzenwelt des Gebiets weiß, übergibt er die Planungen und Analysen lieber an Experten. An die Landschaftsarchitektin Agnes Feigl zum Beispiel. Gemeinsam mit dem Landschaftsplanungsbüro freiland, Hydrologen, Biologen und Gewässerökologen analysiert sie gerade die aktuellen Defizite des Areals und der Schmida. Das Planungsteam definiert erste Ziele und entwickelt ein langfristiges Pflegekonzept. So soll etwa das derzeit noch strukturarme Gewässer durchgängig gemacht werden – also passierbar für Fische auf dem Weg zu ihrem Laichgebiet. Auch werden Ufergehölze das Gewässer zukünftig besser beschatten und damit für eine bessere Wasserqualität für die Fische sorgen. Besucher sollen behutsam und gezielt durch das Gelände gelenkt werden und die alte Kellergasse und bestehenden Weingärten und Wälder mit dem Gewässerraum vernetzt.

„Das langfristige Ziel ist es, ein zusammenhängendes Biotop von rund 100 Hektar zwischen Absdorf und der Nachbargemeinde Stetteldorf zu schaffen“, erklärt Franz Dam, kurz bevor wir uns von ihm verabschieden. „Aber wenn auch nur 20 Prozent renaturiert werden können, ist schon viel gewonnen. Ich kämpfe um jeden Quadratmeter.“

Text: Julia Kropik
Fotos: Alfred Grand und Alex Papis

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