Mehr Lebensqualität durch klimafreundliches Leben
Als Reaktion auf den Bericht des UNO-Klimabeirates über 1,5° C Erwärmung haben alle Staaten ihre Ziele zur Verminderung von Treibhausgasemissionen verschärft. Auch die Österreichische Regierung implementiert seit 10 Jahren konsequent klimapolitische Maßnahmen. Klima ist als Querschnittsmaterie direkt beim Bundeskanzler angesiedelt, wo alle Gesetzesvorhaben und bestehenden Gesetze einem "climate proofing" unterworfen werden und durch eine CO2-Steuer wurden bereits große Erfolge beim Ausstieg aus fossilen Brenn- und Treibstoffen erzielt. In vielen Bereichen hat eine Neustrukturierung und ein Umdenken stattgefunden.
Eine innovative Raum- und Verkehrsplanung macht Städte und Ortskerne wieder attraktiv - durch weitreichende autofreie Zonen, gut durchdachte und sichere Radwege und Geschäfte und Cafes, die zum Einkaufen und Verweilen einladen. Auch kleine Kinder können sicher zu Fuß in die Schule und dann auf den Fußballplatz oder in die Klavierstunde gehen. Elektroshuttles und Fahrradzusteller stehen für Transporte und weitere Wege zur Verfügung. In manchen Orten gibt es sogar schon autonome Fahrzeuge, die man per App bestellen kann. Es braucht keine neuen Einkaufszentren am Ortsrand mehr und die bestehenden werden schrittweise abgerissen und die Flächen renaturiert. Neue Gebäude brauchen weder Heizung noch Kühlung und die bestehenden Häuser werden effizient mit erneuerbarer Energie versorgt.
Wir kleiden uns - je nach Generation und Geschmack - in elegante, chice, hippe Qualitätsprodukte statt Wegwerf-Schlabberleiberl. Wir achten besonders auf Qualität und Langlebigkeit von Konsumgütern. Kaufentscheidende Fragen sind: Wurden Naturressourcen zerstört, wurden Arbeiter ausgebeutet oder gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt, wie lange waren die Transportwege und kann man die Produkte reparieren oder durch Updates und Upgrades auf neuesten technischen Stand bringen?
In der Landwirtschaft ist Diversität angesagt und Geschäfte werden mit regionalen und saisonalen Bioprodukten versorgt. Wir genießen schmackhaftes, aromatisches Obst und Gemüse und da fällt es leicht, den Fleischkonsum zu reduzieren, was ohnehin gesünder ist. Wenn Fleisch oder Fisch auf den Tisch kommt, dann von regionalen Betrieben und Weiden.
All das hat das Transportaufkommen dramatisch verringert. Es gibt keine LKW Staus mehr und weniger Abgase und Lärm. Ein dichtes, intelligent strukturiertes Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln, mit denen man in kurzen Intervallen auch entlegene Täler und Dörfer erreichen kann, und das auch am Abend und am Wochenende, ermöglicht ohne Auto mobil zu sein. Ein einheitliches Tarifsystem mit flexiblen Angeboten bringt außerdem Kostenersparnis für Vielfahrer. Natürlich werden diese Verkehrsmittel mit neuesten Technologien wie Elektromotoren oder Wasserstoff betrieben und mit erneuerbaren Energien versorgt. Innerhalb von Europa gibt es zahlreiche Hochgeschwindigkeitszüge und bequeme Nachtverbindungen, die innereuropäische Flüge mit all ihren Unannehmlichkeiten wie Stau am Weg zum Flughafen und langwierige Security Checks unnötig machen. Eigentlich braucht man ein Auto nur noch sehr selten und es macht vielfach keinen Sinn, ein eigenes Auto anzuschaffen. Sharing Systeme mit E-Autos und ein dichtes Netz an Ladestationen stehen bereit, falls man wirklich einmal selber fahren will. Generell ist trotz steigendem Komfort der Gesamtenergieverbrauch zurückgegangen und kann zu 100 % durch erneuerbare Quellen wie Sonnenenergie und Wind gedeckt werden.
Dennoch konnte eine weitere Erwärmung nicht ganz vermieden werden. Aber wir tragen aktiv dazu bei, dass sich Schmetterlinge an die geänderten klimatischen Verhältnisse anpassen können. Außerordentlich wichtig ist genetische Vielfalt und Artenreichtum auf regionaler und lokaler Ebene geworden. Dazu gehört Diversität in Gemüse-, Obstund
Ackerbau, in der Grünlandbewirtschaftung und in der Forstwirtschaft sowie gezielte Schutzbereiche und Wanderkorridore. Auch Hausgärtner tragen mit vielfältigen einheimischen Sträuchern, Stauden und Blumen und bunten Blütenwiesen statt Thujenhecken und sterilem grünen Rasen zur Vielfalt bei. Das erfreut das Auge und freut die Schmetterlinge.
Klimaschutz und Artenschutz bedeutet nicht eine Ablehnung der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung, wohl aber erfordern sie eine Transformation hin zu einem rücksichtsvolleren Umgang mit unserer Umwelt und ihren Ressourcen.

Was wir 2019 bereits über Schmetterlinge und Klimaänderung wussten ...
Der im Mai 2019 veröffentlichte Bericht des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) warnt vor einem alarmierenden Rückgang der Artenvielfalt und fordert transformative Veränderungen auf lokaler und globaler Ebene, um Artenvielfalt und natürliche Ressourcen, die unsere Lebensgrundlage darstellen, zu schützen und zu stärken.
Für Schmetterlinge ist Klimaänderung eine von vielen Gefahren. An ihrem Beispiel sieht man aber auch die komplexen Auswirkungen einer Klimaveränderung. In vielen Regionen wurden in den letzten Jahrzehnten bereits Veränderungen in der Verbreitung, des zahlenmäßigen Auftretens und der saisonalen Aktivitäten von Tieren und Pflanzen, in Reaktion auf Klimaveränderungen festgestellt. So zeigen Beobachtungen, dass in Europa, Nordamerika und Chile terrestrische Arten im Schnitt 17 km pro Dekade Richtung Pole gewandert sind und in Gebirgsregionen 11 m pro Dekade nach oben (Chen et al. 2011). Bei einer Untersuchung von Schmetterlingsgemeinschaften in Europa zeigte sich, dass diese auf Klimaerwärmung mit einer Verlagerung nach Norden reagiert haben, dass sie aber mit der Temperaturerhöhung nicht ganz Schritt gehalten haben (Devictor et al. 2012).
Allerdings ist die Vorstellung, dass Tiere und Pflanzen bei Erwärmung nach Norden oder in Gebirgsregionen in höhere Lagen wandern eine grobe Vereinfachung, die Faktoren wie Niederschlag oder Bodenbeschaffenheit außer Acht lässt. Gerade bei Bestäubern wie Schmetterlingen spielt die Phänologie eine große Rolle.
In einem Großteil der Ökosysteme der nördlichen Hemisphäre wurde ein klimabedingtes Vorrücken der Frühlingsphänologie um ca. 2,8 Tage pro Dekade beobachtet (Settele et al. 2014). Das umfasst Ereignisse wie Blüte, Eiablage und Schmetterlingsflug. Doch Pflanzen und Tiere reagieren oft auf unterschiedliche Weise oder mit unterschiedlicher Geschwindigkeit auf Klimaänderungen, was zu einer Entkopplung der Lebenszyklen von Pflanzen und Bestäubern führen kann. Beobachtungen zeigten, dass Schmetterlinge dreimal schneller auf einen früheren Frühlingsbeginn reagieren als Pflanzen (Parmesan 2007). Das bedeutet, auch wenn Schmetterlinge theoretisch schnell wandern können, kann ihre Verbreitung durch das Vorhandensein von Futterpflanzen begrenzt werden, wenn diese anders auf das veränderte Klimasignal reagieren oder, z. B. in höheren Gebirgslagen, keine geeigneten Habitate finden können.
Ein möglicher Störfaktor ist auch der erhöhte CO2-Gehalt in der Luft. Dadurch können die chemischen Signale der Pflanzen verändert werden. Die Pflanze riecht anders und zieht weniger Bestäuber an.
Es gibt natürlich große Unterschiede zwischen Arten und Regionen, die Ökosystem-Interaktionen sind noch nicht gänzlich erforscht. Aber grundsätzlich können Generalisten und Arten mit einer größeren phänotypischen Elastizität besser mit Klimawandel umgehen als spezialisierte Organismen. Daher besteht die Gefahr, dass Ökosysteme von Generalisten dominiert werden und es zu einer Verminderung der Artenvielfalt kommt.
Die Auswirkungen von Klimaänderungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme werden mit einer weiteren Temperaturerhöhung zunehmen. Laut neuestem Bericht des Weltklimarats (IPCC) sind klare Unterschiede zwischen einer globalen Erwärmung von 2° C und 1,5° C festzustellen. 18 % der fast 20.000 untersuchten Insektenarten würden bei einer globalen Erwärmung von 2° C mehr als die Hälfte ihrer klimabedingten Ausbreitung verlieren. Bei einer Erwärmung von 1,5° C würde dies nur für 6 % der untersuchten Arten zutreffen, d.h. um zwei Drittel weniger. Während bei einer globalen Erwärmung von 2° C 13 % der Landfläche durch Ökosystemtransformationen beeinträchtigt wäre sinkt die beeinträchtigte Fläche auf die Hälfte, wenn die Erwärmung auf 1,5° C begrenzt wird (Hoegh-Guldberg et al. 2018)
Literatur:
Chen I.-C., Hill J.K., Ohlemüller R., Roy D.B., Thomas C.D. (2011) Rapid range shifts of species associated with high levels of climate warming. Science, 333(6045), 1024-1026.
Devictor V., van Swaay C., Brereton T., L. Brotons, Chamberlain D., Heliola J., Herrando S., Julliard R., Kuussaari M., Lindstrom A., Reif J., Roy D.B., Schweiger O., Settele J., Stefanescu C., Van Strien A., Van Turnhout C., Vermouzek Z., Wallis DeVries M., Wynhoff I., Jiguet F. (2012a) Differences in the climatic debts of birds and butterflies at a continental scale. Nature Climate Change, 2, 121-124.
Hoegh-Guldberg O., Jacob D., Taylor M. (2018) Impacts of 1.5°C global warming on natural and human systems. In: Global Warming of 1,5°C, IPCC Special Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (in print).
Parmesan C. (2007). Influences of species, latitudes and methodologies on estimates of phenological response to global warming. Global Change Biology, 13(9), 1860-1872.
Settele J., Scholes R., Betts R., Bunn S., Leadley P., Nepstad D., Overpeck J.T., Taboada M.A. (2014) Terrestrial and Inland Water Special Reü Systems. In: Climate Change 2014: Impacts, Adaptation, and Vulnerability. Part A: Global and Sectoral Aspects. Contribution of Working Group II to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Field C.B., Barros V.R., Dokken D.J., Mach K.J., Mastrandrea M.D., BilirT.E., Chatterjee M., Ebi K.L., Estrada Y.O., Genova R.C., Girma B., Kissel E.S., Levy A.N., MacCracken S., Mastrandrea P.R., White L.L. (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, pp. 271-359.