Keimhemmungsmittel, Drahtwürmer, Ökostrom. Claudia Meixner, GLOBAL 2000-Expertin des Pestizidreduktionsprogramms für Erdäpfel, und Ruth Pammer, Nachhaltigkeitsexpertin und bei GLOBAL 2000 verantwortlich für das PRO PLANET-Programm, im Gespräch mit Maria Schoiswohl.

Wo liegt der Unterschied zwischen einem PRO PLANET-Erdapfel und einem konventionell hergestellten Erdapfel?

Ruth Pammer: Der greifbarste Unterschied liegt darin, dass beim PRO PLANET-Erdapfel in der Lagerung keine chemisch-synthetischen Keimhemmungsmittel verwendet werden. Im Gegensatz zum konventionell hergestellten Erdapfel, wo diese üblicherweise zum Einsatz kommen.

Wie wird bei PRO PLANET eine zu rasche Keimung der Erdäpfel verhindert?

Claudia Meixner: Die PRO PLANET-Produzenten setzen ausschließlich auf Kühlung. Die Erdäpfel werden in Kühllagern gelagert und halten damit bis maximal Mai, je nachdem wie keimfreudig die Ware ist. Sobald diese Erdäpfel ausgelagert sind, treiben sie jedoch relativ rasch. Bei Erdäpfeln, die mit Keimhemmungsmitteln behandelt werden, dauert es länger bis sie austreiben. In der konventionellen Landwirtschaft kommen dafür zwei Mittel zum Einsatz: Chlorpropham, das im Lager eingesetzt wird, und Maleinsäurehydrazid, das am Feld verwendet wird.

Warum sollen Erdäpfel nicht austreiben, sprich: keimen. Ist das etwas Schlechtes?

CM: Nein, wenn Erdäpfel keimen, werden sie dadurch nicht ungenießbar. Allerdings sollten vor der Zubereitung die keimenden Triebe entfernt werden, da in diesen die Solaningehalte erhöht sind. Als Verbraucher muss man einfach beachten, die PRO PLANET-Erdäpfel kühl zu lagern beziehungsweise dann auch in angemessener Zeit zu verbrauchen.

Bleiben bei Erdäpfeln, bei denen chemisch-synthetische Keimhemmungsmittel eingesetzt werden, Rückstände?

CM: Ja, es gibt Rückstände. Bei Maleinsäurehydrazid sind fünf bis sechs Milligramm pro Kilogramm nicht ungewöhnlich. Chlorpropham darf im Lager bis zu dreimal eingesetzt werden, steht aber im Verdacht krebserregend zu sein. Da dieses Mittel sehr persistent ist, finden wir Rückstände – in sehr geringen Mengen – auch immer wieder auf unbehandelten Erdäpfeln, wenn sie gemeinsam mit keimgehemmten Erdäpfeln verarbeitet oder gelagert werden. Die Obergrenze für Kontaminationen durch Chlorpropham bei PRO PLANET-Erdäpfeln beträgt 0,1 Milligramm pro Kilogramm.

"Wenn Erdäpfel keimen, werden sie dadurch nicht ungenießbar." Claudia Meixner

Was passiert, wenn diese Obergrenze überschritten wird?

CM: Dann sehen wir uns das Produkt des betreffenden Lieferanten genau an, das heißt, die Kontrolle wird verstärkt. Wenn wir bei ihm innerhalb der laufenden Saison nochmals Keimhemmungsmittel nachweisen, wird eine Sperre für fünf Werktage empfohlen und der Lieferant darf erst wieder liefern, wenn er sicherstellen kann, dass seine Erdäpfel in Zukunft diese Obergrenze wieder einhalten können. Bei den PRO PLANET-Zwiebeln sind Sperren aufgrund eines Nachweises von Keimhemmungsmitteln schon vorgekommen, bei Erdäpfeln hatten wir dahingehend aber noch nie ein Problem.

GLOBAL 2000 kontrolliert für das PRO PLANET-Label nicht nur den Landwirt, sondern auch den Handel. Worauf schauen Sie bei der REWE Group?

RP: Ein Grundsatz bei allen Produkten ist die Mehrwegkiste. Das klingt vielleicht unlogisch, wenn man etwa an Karton denkt. Karton hat aber – über die Lebensdauer gesehen – einen viel größeren ökologischen Fußabdruck als eine Mehrwegkiste. So wie die Praxis bei der REWE Group gelebt wird, zahlt sich die Mehrwegkiste ökologisch einfach mehr aus. Die REWE Group liefert aber auch ihre Daten zum Energieaufwand in ihren Filialen an uns. Den Aufwand rechnen wir etwa in die Treibhausgasbilanz mit ein.

PRO PLANET wird in enger Zusammenarbeit von GLOBAL 2000, den Landwirten und der REWE Group als nachhaltiges Programm für die konventionelle Landwirtschaft stets weiterentwickelt. Was steht aktuell auf der Agenda?

RP: Die Landwirte haben bei den Erdäpfeln mit der Kühlung statt den Keimhemmungsmitteln schon einiges vorgelegt. Da wurde ja nicht nur das Thermostat runtergedreht, sondern da hat man ordentlich investiert. Ein Schwerpunkt, der letztes Jahr gelegt wurde, betrifft den Verzicht auf Fipronil, ein Kontaktgift gegen den Drahtwurm. CM: Fipronil wurde bei Erdäpfeln – auch bei PRO PLANET – bis 2014 gegen den Drahtwurm eingesetzt. Es sollte aber auf Wunsch der REWE Group ab 2015 für PRO PLANET nicht mehr zum Einsatz kommen. Für die Landwirte war das aber nicht so leicht – sie sind dem Drahtwurm ziemlich ausgeliefert. Es gab mehrere Treffen und dann wurde entschieden: Das PRO PLANET-Label kommt ausschließlich auf Erdäpfel, die auf Flächen angebaut werden, auf denen kein Fipronil eingesetzt wird. Mittlerweile wird dieses Mittel nicht mehr zugelassen. Um gangbare Alternativen zu Fipronil zu finden, haben wir nun ein Projekt begonnen, das seit März 2016 läuft. Drei der zwölf PRO PLANET-Erdäpfel-Landwirte sind Partner in diesem Projekt.

Und welche Alternativen gibt es gegen den Drahtwurm?

CM: Wir setzen einerseits auf einen Pilz, Metarhizium. In der Schweiz gibt es dazu bereits Versuche. Zweitens haben wir in Oberösterreich eine Versuchsfläche, auf der wir eine Fräse einsetzen. Wir haben dort Weizen gesät – Weizen setzt, wenn er keimt, CO2 frei und lockt so die Drahtwürmer an. Wir haben die Anzahl der Drahtwürmer in den Weizenstreifen erhoben, eine Schadschwelle bestimmt und als diese erreicht war, haben wir die Streifen gefräst. Das ist ein sehr massiver Eingriff, den kein Drahtwurm überlebt. Wirkliche Ergebnisse für unsere Untersuchungen erwarten wir uns aber erst in drei Jahren.

Wie soll sich das PRO PLANET-Label für den österreichischen Erdapfel weiterentwickeln?

RP: Bei den Erdäpfeln ist wirklich schon viel geleistet worden. Ganz konkret betrachten wir aber künftig vermehrt die Hangneigung der Anbauflächen und widmen uns der Erosionsverhinderung. Auch die durchgängige Verwendung von Ökostrom bei den Lieferanten wäre super – ist aber sicher Zukunftsmusik. Die REWE Group an sich verwendet ja schon 100 Prozent Ökostrom. Ökostrom, der den strengeren Kriterien von GLOBAL 2000 entspricht, muss ich dazu sagen. CM: Aus meiner Sicht muss der Pestizideinsatz am Feld noch mehr Beachtung finden und hinterfragt werden. Am Feld werden nach wie vor viele Pestizide eingesetzt. Der Verzicht auf Keimhemmungsmittel bei PRO PLANET-Erdäpfeln ist da ein erster wichtiger Schritt.

Hintergrund

Um für den Erdapfel mit dem PRO PLANET-Label ausgezeichnet zu werden, müssen Landwirte und Lieferanten bestimmte soziale und ökologische Standards einhalten. So müssen etwa Betriebe, die Arbeitskräfte beschäftigen, jedes Jahr ein GRASP-Audit absolvieren (Risikoeinschätzung für soziale Belange von Arbeitern).

Zu den ökologischen Standards gehören zehn von GLOBAL 2000 kontrollierte Indikatoren: die Stickstoff-, Phosphor-, Humusbilanz, die Energie- und Pflanzenschutzintensität, der CO2-Fußabdruck, der abiotische und biotische Materialeinsatz, die Flächenbelegung und der Wasserverbrauch. Zur Sicherstellung der guten fachlichen Praxis unterziehen sich die Betriebe auch einer AMAG.A.P./ GLOBALG.A.P-Zertifizierung.

Die REWE Group verpflichtet sich für das PRO PLANET-Label, die Verkaufsverpackungen auf ein Minimum zu reduzieren und Mehrwegkisten anstelle von Kartonkisten zu verwenden.

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