Ungemähte Wiesen galten lange als Zeichen von Unordnung. Heute wissen wir: Schmale Grasstreifen entlang von Wegen, wilde Inseln zwischen Feldern oder unberührte Ecken an Zäunen sind wertvolle Rückzugsorte. Sie bieten Nahrung und Schutz für Insekten und Kleintiere und spielen so eine entscheidende Rolle für die Artenvielfalt.
Das Problem: In unserer aufgeräumten Landschaft sind sie selten geworden: wilde Flächen, auf denen Gräser hoch wachsen und Wildblumen blühen. In Privatgärten werden Wiesen oft bis zur Nachbargrenze sauber gemäht, entlang von Zäunen bleiben kaum noch unberührte Streifen stehen. In der Landwirtschaft wird großflächig gemäht – oft binnen weniger Stunden in einer ganzen Region. Für viele Tiere bedeutet das, dass ihr gesamter Lebensraum auf einen Schlag verschwindet.
Doch es gibt einfache Lösungen: Später & wenig mähen! Erst nach der ersten Samenreife zu mähen, ermöglicht die Vermehrung von Wildpflanzen und sichert das Nahrungsangebot für Insekten. Zudem gilt: Je seltener gemäht wird, desto besser für die Tierwelt. Idealerweise bleibt pro Mahddurchgang jede zweite Zeile unberührt, sodass Rückzugsorte erhalten bleiben.
So kommt Leben zwischen die Rebzeilen - Vielfalt durch alternierendes Mähen
In der Südsteiermark zeigt Winzer Otto Knaus, dass weniger oft mehr ist. Durch alternierendes Mähen fördert er gezielt die Biodiversität in seinen Rebzeilen. Für den Winzer bedeutet weniger mähen nicht weniger tun, sondern aktiv mehr Raum für die Natur zu schaffen. Und das hat positive Auswirkungen: für Insekten, Reptilien und die gesamte Pflanzenvielfalt.
Otto Knaus ist nicht nur Winzer aus Leidenschaft, sondern auch Pionier. Seit 2005 führt er im Sulztal die erste zertifizierte Biobuschenschank der Steiermark und serviert dort seinen Gästen auch vegane Brettljausen. Nachhaltigkeit ist für ihn kein Trend, sondern eine Selbstverständlichkeit – im Weingarten genauso wie in der Bewirtschaftung seines Betriebs. Während in seiner Umgebung viele Weinbaubetriebe ihre Zeilen regelmäßig und flächendeckend mähen, setzt Knaus auf eine andere Strategie: Er lässt immer eine Zeile unberührt stehen. Was für manche nach Nachlässigkeit aussieht, ist in Wahrheit eine gezielte Maßnahme, um Fauna und Flora wertvollen Lebensraum zu bieten.
Gezielt fördert er die Artenvielfalt, indem er nur zweimal jährlich mäht: nach der ersten Samenreife und vor der Ernte.
Sein Weingarten ist ein funktionierendes Ökosystem: Vögel als natürliche Schädlingsbekämpfer spielen eine zentrale Rolle. Mit über 40 Nistkästen für Wiedehopfe und Meisen unterstützt er die Natur und spart gleichzeitig Ressourcen. Für ihn ist klar: Naturschutz und Weinbau gehen Hand in Hand.
„Ich spare mir Zeit und Ressourcen, weil ich seltener mähe und keine Herbizide brauche. Außerdem denken heutzutage viele Gäste und Konsumenten bewusster. Sie interessieren sich für die Art der Bewirtschaftung. Und das ist ein echter Mehrwert für meinen Betrieb.“
Schritt-für-Schritt-Anleitung

Schritt 1
Später & wenig mähen: Erst nach der ersten Samenreife zu mähen beginnen, damit sich Wildpflanzen vermehren und das Nahrungsangebot für Insekten erhalten bleibt. Je seltener jede Zeile gemäht wird, umso besser für die Tierwelt.

Schritt 2
Jede zweite Zeile ungemäht lassen: Pro Mahddurchgang wird nur jede zweite Zeile gemäht, die andere bleibt als Rückzugsort erhalten. So haben Insekten und Kleintiere immer eine Ausweichmöglichkeit. Gleichzeitig fördert das unterschiedliche Mahdregime eine vielfältigere Pflanzenwelt.

Schritt 3
Höher mähen (10 – 15 cm): Die Schnitthöhe hat großen Einfluss auf das Bodenklima. Eine höhere Mahd schützt den Boden vor Austrocknung, schafft ein feuchteres Mikroklima und fördert das Bodenleben. Zudem bleibt mehr Deckung für Insekten und andere Tiere erhalten, die sich in der Vegetation verstecken.

Schritt 4
Langsam & mittags mähen: Um Kleintieren eine reale Fluchtchance zu ermöglichen, bitte langsam mähen. Bei 3 – 5 km/h haben Insekten, Reptilien und andere kleine Tiere genug Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen. Auch der Zeitpunkt ist entscheidend: Erst mittags mähen, da sich Reptilien und Insekten morgens in der Sonne aufwärmen.
Die Profiteure der Maßnahme
