Erfahre im Interview mit Bundesbäuerin Irene Neumann-Hartberger über ihre leidenschaftliche Mission für den Schutz bedrohter Streuobstwiesen. Warum sie diese als unschätzbares Kulturgut und Arche der Vielfalt sieht. Dazu teilt sie Erinnerungen an den selten gewordenen Lebensraum, der Sehnsuchtsort und Feinkostladen zugleich ist.

Was hat Sie motiviert, sich für die Förderung von Streuobstwiesen im Rahmen des Bewerbs #Streuobst von Blühendes Österreich und der ARGE Streuobst einzusetzen?

Irene Neumann-Hartberger: Streuobstwiesen sind ein unschätzbares und auch unübersehbares Kulturgut, entstanden in Kombination mit landwirtschaftlicher Nutzung. Sie erfordern viel Handarbeit. Durch alte Obstsorten werden auch der regionaltypische Geschmack von Obstweinen und Obstsäften und anderen Schmankerln erhalten. Das ist von unschätzbarem Wert und deshalb ist es mir wichtig, dass alte Streuobstwiesen auch erhalten bleiben.

Warum sind Streuobstwiesen so wichtig für die Biodiversität und den Naturschutz in Österreich?

Irene Neumann-Hartberger: Streuobstwiesen in Österreich sind wichtig für Biodiversität und Naturschutz, da sie folgende drei Bereiche umfassen: 

1. Vielfältige Lebensräume: Streuobstwiesen bieten eine breite Palette an Lebensräumen, darunter Bäume, Grasland und Sträucher. Diese Vielfalt schafft unterschiedliche Nischen, die verschiedenen Pflanzen- und Tierarten Lebensraum und Nahrung bieten.


2. Alte Obstsorten: In Streuobstwiesen werden oft traditionelle Obstsorten angebaut. Diese alten Sorten bieten einen einzigartigen Lebensraum für Insekten und Vögel. Der Erhalt dieser Sorten fördert die genetische Vielfalt. Nebenbei sind die blühenden Obstbäume eine wahre Freude anzusehen.


3. Nahrungsquelle für viele Arten: Die blühenden Obstbäume dienen als wichtige Nahrungsquelle für eine Vielzahl von Insekten, darunter Bienen und Schmetterlinge. Diese Insekten wiederum sind eine wichtige Nahrungsquelle für Vögel und andere Tiere in der Nahrungskette. Die komplexe Wechselwirkung zwischen verschiedenen Arten fördert die Biodiversität.

Sie vertreten als Bundesbäuerin 130.000 Bäuerinnen in ganz Österreich.
Welchen Stellenwert haben Streuobstwiesen und deren Erhalt innerhalb der
ARGE Österreichische Bäuerinnen?

Irene Neumann-Hartberger: Den Frauen auf den Höfen ist der herausragende Stellenwert von Streuobstwiesen bewusst. Einige Bäuerinnen haben sich zu Baumwartinnen ausbilden lassen. Die Pflege, Ernte und Verarbeitung der Früchte liegt oft in den geschickten Händen der Frauen. Sie tragen mit der Erzeugung von hochwertigen und innovativen Produkten zur Diversifizierung des Betriebs bei.

Die Wertschöpfung, die daraus resultiert, stärkt nicht zuletzt die ökonomische Basis der Betriebe. Urlaub am Bauernhof, Direktvermarktung oder Schule am Bauernhof sind Standbeine auf den Betrieben, die von Bäuerinnen geschaffen wurden. Hier bringen sie den Konsument:innen die Wichtigkeit des Erhalts solcher Streuobstwiesen in Gesprächen nahe.

Welche Herausforderungen sehen Sie für Streuobstwiesen in der heutigen Zeit?

Irene Neumann-Hartberger: Es arbeiten immer weniger Menschen auf unseren Höfen. Daraus folgt, dass viele händische Arbeiten nicht mehr in dem Umfang wie vielleicht vor 40 Jahren gemacht werden können. Als Herausforderung sehe ich aber genau diese aufwendige, händische Arbeit und Pflege der Wiesen und Weiden, da die Maschinen und Traktoren immer größer werden und Obstbäume in der Vergangenheit auch deshalb oft weichen mussten.

Arbeitsintensive Handarbeit wie im Frühjahr „räumen“ – mit dem Rechen über die Wiesen um Schneebruch zu entfernen, Maulwurfshügel glattstreichen. Im Sommer folgt dann die Mahd oder Beweidung, die vielerorts auch abgenommen hat z.B. Weidezäune umstecken. Diese Faktoren zusammen erschweren die Aufrechterhaltung und Pflege von Streuobstwiesen in unserer modernen Zeit.

"Eine andere Herausforderung sehe ich im Erhalt der Tradition und Erkennen des Wertes einer solchen Streuobstwiese."

Denn das Wissen über alte Sorten und deren Verarbeitung zu qualitätsvollen, innovativen Produkten schien lange Zeit in Vergessenheit zu geraten. Erst dieser Trend „des Rückbesinnens auf Regionaliät“ bietet hier einen Turbo.

Und so produzieren unsere Streuobstbäuer:innen beste Lebensmittel: Säfte, Brände, Marmeladen, Chutnys uvm. Besonders wichtig erscheint mir das Weitergeben von Wissen. Hierbei spielen Bäuerinnen eine besondere Rolle. Mit Workshops „Vom Apfel zum Saft“ zum Beispiel, wo sie am Bauernhof oder in den Schulklassen Wissen rund um Obst vermitteln.

Gibt es ein spezielles Obst oder einen Baum auf einer Streuobstwiese, das bzw. der für Sie eine persönliche Bedeutung hat und warum?

Irene Neumann-Hartberger: Für mich sind es die Apfelbäume, speziell die alten Sorten mit ihren unterschiedlichen Reifezeiten: Sommeräpfel, Schafnasen, Strudeläpfel.


Was erwarten Sie sich vom diesjährigen Bewerb #Streuobst von Blühendes
Österreich und der ARGE Streuobst?

Irene Neumann-Hartberger: Ich erwarte mir vom diesjährigen Bewerb #Streuobst von Blühendes Österreich und der ARGE Streuobst eine Fülle an kreativen Projekten, die innovative Bewirtschaftungsformen für Streuobstwiesen aufzeigen. Die Hoffnung besteht darin, dass diese Aktion das Thema aus einer Nische hervorhebt und in den Fokus rückt. Es wäre großartig, wenn zahlreiche Projekte eingereicht werden, die dazu beitragen, Streuobstwiesen zu revitalisieren oder auf innovative Weise zu bewirtschaften und daraus auch Wertschöpfung zu lukrieren. Dadurch können diese Projekte als Motivation und Inspirationsquelle dienen.


Können Sie sich an eine besondere Erinnerung aus Ihrer Kindheit an eine Streuobstwiese erinnern, die Ihre Leidenschaft für diese Lebensräume geweckt hat?

Irene Neumann-Hartberger: Ja, in meiner Heimatgemeinde kenne ich eine ganz besondere Streuobstwiese, die meine Leidenschaft für diese Lebensräume geprägt hat. Diese Wiese ist von Wald an drei Seiten umgeben und strahlt eine unheimliche Schönheit und Idylle aus. Besonders als Kind fand ich sie sehr geheimnisvoll. Dort wachsen Kirschen, Äpfel, Birnen und Zwetschken, und im Sommer gab es immer etwas Reifes zu naschen. Und das Wild konnte sich am Fallobst reichlich bedienen.

Irene Neumann-Hartberger

Über Irene Neumann-Hartberger

Die Bundesbäuerin wurde 1974 in Wiener Neustadt geboren und maturierte an der Höheren Bundeslehranstalt für Landwirtschaft und Ernährung in Sitzenberg-Reidling, Mutter zweier Söhne, führt gemeinsam mit ihrem Mann den Betrieb in Stollhof, in der Nähe der Hohen Wand in Niederösterreich. Seit April 2021 ist sie die Bundebäuerin und dieses Jahr ist sie geschätztes Jury-Mitglied beim Bewerb #Streuobst von Blühendes Österreich. (Fotocredits: LKÖ_Wirlphoto)

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Apfelbaum mit reifen Äpfeln, Mann mit kleinem Mädchen

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