Der Anblick saftiger grüner Wiesen und frisch gepflügter Äcker weckt bei Vielen von uns den Gedanken an die Produktion von Milch, Getreide oder Feldfrüchte. Unabhängig der Herstellung von Lebensmitteln sind landwirtschaftliche Flächen aber auch ein wichtiger Rückzugsort für Tiere. Eine Art, die ohne Agrarflächen nicht überleben könnte, ist der Kiebitz: Ein taubengroßer Vogel aus der Familie der Regenpfeifer. Seit Ende der 90er Jahre sind die heimischen Kiebitzbestände um fast 50% geschrumpft. Seine Nester sind so gut getarnt, dass sie bei der Bewirtschaftung häufig unentdeckt bleiben und zerstört werden. Diese Tatsache tut sowohl LandwirtInnen als auch Vogelfreunden leid, denn der Kiebitz ist seit jeher ein großer Sympathieträger. Zum Glück gibt es verschiedene Möglichkeiten den Kiebitz zu schützen und gleichzeitig effizient zu wirtschaften. Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass Schutzmaßnahmen vor allem dann erfolgreich sind, wenn Alle zusammenhelfen. Das Projekt „Kiebitzerei“ des Vereins thema:natur hat genau hier angesetzt und konnte in den vergangenen Jahren in enger Zusammenarbeit mit BirdLife, LandwirtInnen und verschiedenen anderen Akteuren zahlreiche Nester retten.

Einzigartige Anpassung mit Tücken

Jedes Jahr im Frühling kehren zahlreiche Zugvögel aus ihren Winterquartieren zurück. Der Kiebitz zählt zu den frühen Ankömmlingen und ist in Österreich bereits ab Mitte Februar zu beobachten. Wegen seiner zeitigen Ankunft gilt er auch als Frühlingsbote und es dauert meist nicht lange bis seine akrobatischen Flüge und sein markanter Ruf „kijuwitt“ zu hören sind.    

Kiebitze sind Bodenbrüter, das heißt sie verbringen ihre gesamte Brutzeit am Boden und ziehen ihre Küken auf Ackerflächen auf. Einst brütete der Kiebitz auf artenreichen Feuchtwiesen, da diese aber immer seltener wurden, zog er für die Aufzucht auf Äcker um. So ein Umzug klingt simpel, aber aus ornithologischer Sicht ist es eine wahre Meisterleistung. Kaum einer Vogelart ist es je gelungen, nach Verschwinden ihres bevorzugten Brutgebietes auf einen anderen Lebensraum umzusiedeln. Kiebitz haben dies geschafft, aber einfacher wurde es für sie nicht!  Das Brüten auf weitläufigen Äckern bietet einige Vorteile, hat aber auch Nachteile: Das Positive ist, sie bieten dem Kiebitz eine perfekte Rundumsicht und Feinde können sich nur schwer anschleichen.  Die gute Tarnung seiner Eier lässt das Nest regelrecht mit dem Boden verschmelzen und wird praktisch unsichtbar. Die Nachteile liegen auf der Hand: Auf offenen landwirtschaftlichen Flächen sind Kiebitznester der Bewirtschaftung ausgesetzt und ein ungestörtes Schlüpfen und Aufwachsen der Küken ist für Kiebitzeltern jedes Jahr eine große Herausforderung.  

Gemeinsame Sache

Die Brutzeit des Kiebitz beginnt Mitte März und endet, sofern die erste Brut erfolgreich war,  Anfang Mai. Genau in diesem Zeitraum finden in der Regel verschiedene Bodenbearbeitungsmaßnahmen statt. Je früher das Vorkommen einer Kiebitzkolonie auf einem Feld erkannt wird, desto leichter ihr Schutz. Hier hat sich gezeigt, wie wichtig die Zusammenarbeit von LandwirtInnen, Vogelinteressierten, Vereinen, Jägern bzw. aufmerksamen Anrainern ist.

„Uns Landwirten ist es nicht egal, wenn wir Kiebitznester oder gar Küken unabsichtlich überfahren. Es geht aber alles so schnell, dass es fast unmöglich ist rechtzeitig zu reagieren“,

berichtet ein besorgter Landwirt aus dem Bezirk Grieskirchen/OÖ und fügt hinzu

„Mehr Wissen über die Bedürfnisse des Kiebitz, sowie Hilfe bei der Verortung der Nester ist von meiner Seite herzlich willkommen!“ 

Ähnliche Rückmeldungen erreichten das Projekt auch aus anderen Regionen, wo immer mehr Menschen eine starke Abnahme der Kiebitzkolonien beobachten.  

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Im vom Bund und EU geförderten Projekt „Kiebitzerei“ arbeiten Landwirte und Vogelkundler beim Schutz des Kiebitzes zusammen.

Das Projekt „Kiebitzerei“ wurde dieses Jahr in 10 Regionen aktiv und half beim Monitoring von Kiebitzkolonien sowie beim konkreten Schutz von Nestern.  Kiebitze können auf verschiedene Weise geschützt werden: Eine sehr effektive Methode ist das Ausstecken ihrer Nester, damit diese bei der Bewirtschaftung ausgespart werden können.  Eine andere Möglichkeit ist,  die betroffene Fläche während der Brut nicht zu befahren und notwendige Bearbeitungsschritte  entweder vor Beginn der Brutzeit oder erst danach durchzuführen. Als eine sehr effektive Schutzmaßnahme hat sich in Oberösterreich auch der Anbau von Mais ab dem 10. Mai bewährt. Ein später Anbau von Mais bedeutet für den Kiebitz eine Verlängerung der Ruhephase auf dem Acker und hat laut Rückmeldungen von partizipierenden Landwirten keine Nachteile.

Im Zuge der Tätigkeiten konnten in allen Regionen wertvolle Kontakte zu lokalen Akteuren geknüpft werden. Durch persönliche Gespräche vor Ort und gemeinsame Überlegungen hinsichtlich Kiebitzschutz gestaltete sich die Planung und Umsetzung von  Schutzmaßnahmen  sehr unkompliziert. Dabei hat sich auch gezeigt, wie wichtig gegenseitiges Vertrauen und das Ziehen an einem Strang sind.

Werden Gelege mit Stecken in Fahrtrichtung markiert, können sie bei der Bewirtschaftung sehr einfach ausgespart werden.

Top motiviert in die Zukunft

Der Schutz von Acker- bzw. Bodenbrütern steckt in vielen Regionen noch in den Kinderschuhen. Um Kiebitze erfolgreich zu schützen,  ist die Umsetzung von Maßnahmen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen, sowie der Aufbau lokaler Netzwerke von großer Dringlichkeit.  Sehr erfreulich ist,  dass durch die Erfolge in den Projektregionen die Motivation für den Kiebitzschutz stark gestiegen ist. Aus diesem Grund wird auch zukünftig ein wichtiges  Ziel gemeinsam weiterverfolgt, nämlich die Situation von Ackerbrütern, insbesondere des Kiebitz,  langfristig zu verbessern!

Lust für den Kiebitz aktiv zu werden? Informationen und Materialien gibt es unter: www.kiebitzerei.at

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