Ein gefräßiger Berg, glühende Kohlen und Wildnis aus zweiter Hand: Im Hartelsgraben entdecken Junior Ranger die Geschichte des Waldes im Nationalpark Gesäuse.
Ranger im Nationalpark Gesäuse

Entdecken mit ungewissem Ausgang

Nationalpark Gesäuse, Steiermark, 9 Uhr: „Das Programm heute ist, dass es kein fixes Programm gibt“, sagt Nationalpark-Ranger Raimund „Raitsch” Reiter schmunzelnd zu den Junior Rangern. Natürlich haben er und seine Kollegin Doris Remschak einen Plan für die heutige Nationalparkexkursion. Aber der ist nicht in Stein gemeißelt. Im Vordergrund steht das Entdecken, Ausprobieren und Spielen. Und sollte sich dabei etwas anderes ergeben als geplant: auch gut.

Junior Ranger im Nationalpark Gesäuse

Junior Ranger: Früh übt sich…

Junior Ranger sind Kinder und Jugendliche, die im Rahmen von Projekttagen in einen Nationalpark hineinschnuppern: Wie funktioniert so ein Schutzgebiet? Wozu ist es da? Wie sollte man sich dort verhalten? Was tun die Nationalpark-MitarbeiterInnen den ganzen Tag?

Was in Konzepten sperrig „Bildungsauftrag“ heißt, wird hier konkret angreifbar: Die jungen Forscher entdecken Zusammenhänge in der Natur, lernen Tiere, Pflanzen und Geschichte vor ihrer Haustür besser kennen. Geht die Rechnung auf, werden die kleinen Ranger weiterhin „Botschafter“ des Nationalparks sein. Die Idee zur Junior Ranger-Ausbildung stammt aus Amerika.

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Kinder-Rucksack-Anhänger

Wasser, Fels & Wald: die wilde Woche

Die Junior Ranger im Nationalpark Gesäuse sind zwischen acht und zwölf Jahren alt und wohnen in der Nationalparkregion. Begleitet von Raitsch und Doris erforschen sie fünf Tage lang das heurige Leitthema: Wildnis. Und zwar am Wasser, im Fels oder, so wie heute, im Wald.

Bach im Hartelsgraben (Nationalpark Gesäuse)

Hartelsgraben: die Baum-Jungspunde

Verrottende Baumruinen liegen kreuz und quer, überwuchert von Moosen und Pilzen. Ein Sturm hat sie umgepustet. Oder Lawinen. Wenn sie nicht einfach aus Altersschwäche zusammengesackt sind. „Dieses Totholz bildet einen wichtigen Lebensraum für spezialisierte Lebewesen“, sagt Doris, Käfer etwa.“ Zum Beispiel für den Alpenbock, dessen Larven sich in abgestorbenem Buchenholz entwickeln.

Doch eines irritiert hier im Hartelsgraben: So richtig alte Bäume gibt‘s kaum. Warum? Weil der Wald in dieser Seitenschlucht der Enns lange Zeit vor allem eines war: eine begehrte Wirtschaftsressource.

Bergwald im Nationalpark Gesäuse

Erzberg: der gefräßige Nachbar

Über Jahrhunderte diente das Holz der heutigen Nationalparkwälder hauptsächlich der Kohlegewinnung. Das lag am unersättlichen Nachbarn, dem steirischen Erzberg. Dort wird seit dem Mittelalter Eisen aus dem Gestein herausgeschmolzen. Und die nötige Hitze ließ sich nur mit Holzkohle erzeugen.

Vor etwa 500 Jahren begannen daher Holzknechte, den Wald im Gesäuse zu schlägern. Im unteren Teil des Hartelsgrabens ließen sie das Holz über riesige Holzrutschen, sogenannte „Holzriesen“, zur Enns hinunterpoltern. Anschließend wurde das Holz nach Hieflau getriftet, aus dem Fluss herausgefischt und dort verkohlt. Im oberen Grabenabschnitt verarbeiteten sie das Holz an mehreren Stellen gleich direkt zu Holzkohle.

Kohlemeiler-Modell

Kohlemeiler: glosen statt brennen

Raitsch baut ein Miniaturmodell eines Kohlemeilers: Innen das Holz, darüber zwei luftdichte Schichten aus Zweigen („Grass“) und Erde. Es entsteht ein kegelförmiger Mini-Meiler, der aussieht wie ein „Do it yourself“-Vulkan für die Westentasche. Um Kohle zu erzeugen, müsste man das Holz im Inneren nun anzünden. Tun wir aber nicht. Zündeln in einem Nationalpark gehört sich nicht.

Raitsch erzählt:

„Die große Kunst beim Köhlern war: Das Holz durfte nicht verbrennen, sondern musste langsam und gleichmäßig verkohlen."

Bis das Holz zu Kohle umgewandelt war, konnte es mehrere Wochen dauern. „Eigentlich ein Wahnsinn“, meint Doris, „wie wenig heute Holzkohle fürs Grillen kostet, aber wieviel Arbeit da dahintersteckt.“ „Und wieviel Holz man dafür braucht“, ergänzt Raitsch: „Pro Kohlemeiler fünf bis sechs ganze Bäume.“ Genau das wurde dem Wald im Gesäuse zum Verhängnis.

Baumstamm im Hartelsgraben, Nationalpark Gesäuse

Abgeholzt: Wald an der Kippe

Ihm ging es nämlich ordentlich an den Kragen: Vor allem durch den Holzkohlehunger von Hochöfen und Hammerwerken. Überweidung und die Entnahme von Streu, Brenn- und Bauholz taten ihr übriges: Die Wälder waren vielerorts verwüstet, das Holz wurde knapp. Doris fasst zusammen:

„Die Köhlerei ist der Grund, warum es bei uns im Nationalpark nicht besonders viele alte Bäume gibt“.

Bach im Hartelsgraben, Nationalpark Gesäuse

Ofen aus! Die Wende im Wald

1872 wurde die Eisenbahn durchs Gesäuse fertiggestellt. Mit ihr konnte billige Steinkohle angeliefert werden. An der Wende zum 20. Jahrhundert hieß es damit für die Köhlerei endgültig: Ofen aus. Die Förster mussten damals komplett umstellen: Statt Kohle war nun Nutzholz gefragt, z. B. als Baumaterial. Und sie setzten sich gleich ein Denkmal: die erste steirische Forststraße im Gebirge.

Junior Ranger im Nationalpark Gesäuse

Meisterleistung: Abtransport mit 2 PS

Für diese Straße hätte es auch einfachere Gräben gegeben. Deutlich einfachere. Trotzdem sprengten, hackten und trassierten die Forstleute von 1892 bis 1897 ausgerechnet in den Hartelsgraben eine Straße hinein – eine technische Meisterleistung.

Forststraße und Bahn ersetzten nun Riesen und Trift. Denn wer unbeschädigtes Bauholz will, sollte es zuvor nicht über Holzrutschen und Uferfelsen poltern lassen. Zudem konnten nun auch längere Stämme abtransportiert werden – mit zwei PS, auf Pferdefuhrwerken.

Hartelsgraben, Nationalpark Gesäuse

Zulassen: Wilde Kinder, wilder Wald

Seit dem Niedergang der Köhlerei konnten sich die Gesäusewälder langsam erholen. Auch durch den Nationalpark Gesäuse, der seit 2002 besteht. Heute sind 52 % seiner Fläche wieder von Wald bedeckt. Und in weiten Teilen des Nationalparks kann der Wald wieder tun, was er will. Ohne Eingriff des Menschen.

Langsam entwickelt sich der Wald so zu einer Wildnis „aus zweiter Hand“. Wenn man ihm die nötigen Freiräume gewährt, Entwicklung zulässt und vorhandene Potenziale ausschöpft. So gesehen brauchen Gesäusewald und Junior Ranger exakt das Gleiche zum Wachsen und Gedeihen.

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10. Juli |
Steiermark
Veranstalter: Nationalpark Gesäuse GmbH

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Die Buchungsabwicklung und Bezahlung erfolgt über das Infobüro des Nationalparks Gesäuse in Admont.

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Feuchtwiesenprachtnelke

Naturschutz mit Rechen und Astschere - Feuchtwiesenpflege in Bad Vöslau

10. Juli |
Niederösterreich
Veranstalter: Landschaftspflegeverein Thermenlinie-Wienerwald-Wiener Becken

Die Schweizerwiese ist eine der letzten Feuchtwiesen der Region mit herausragenden Raritäten wie der Feuchtwiesen-Prachtnelke und der Breitstirnigen Plumpschrecke. Lange nicht genutzt, war sie schon stark verbuscht. In Folge wurde sie von der Stadtgemeinde Bad Vöslau angekauft und wiederhergestellt, sodass sie wieder jährlich gemäht werden kann. Im Rahmen des Pflegetermins rechen wir das Schnittgut zusammen und transportieren es von der Fläche. In ausgewählten, seltener gemähten Bereichen zwicken wir kleine Gebüsche.

Ausrüstung: feste Schuhe, Arbeitshandschuhe, Getränk/Jause, wenn vorhanden Astschere oder Gartenschere

Treffpunkt: westliches Ende Schilfweg

Falls Du mit Deinem Verein, Deinen Arbeitskollegen oder einer größeren Gruppe mithelfen möchtest, freuen wir uns zwecks Planung über eine kurze Ankündigung per Email oder unter +43 670 3549952.

Der Pflegeeinsatz findet in Kooperation von Stadtgemeinde Bad Vöslau und  Landschaftspflegeverein Thermenlinie statt.

Hintergrundinfo: Von ehemals zahlreichen Feuchtwiesen am Übergang der Thermenlinie zum Wiener Becken sind heute nur in Ausnahmefällen Flächen erhalten. Die Schweizerwiese in Bad Vöslau ist eines dieser besonders erhaltenswerten Relikte, doch stand sie bis 2019 in Privateigentum, wurde seit 20 Jahren nicht bewirtschaftet und war stark verbuscht. Botanische Raritäten wie Feuchtwiesen-Prachtnelke, Kurzknollige Pannonische Platterbse, Kanten-Lauch, Sand-Schachtelhalm u.v.m. waren noch vorhanden, aber die Wiese musste dringend wieder gepflegt werden, um ihr Verschwinden zu verhindern. Die Stadtgemeinde Bad Vöslau hat die Fläche daher 2019 angekauft, um sie zu retten. Dazu fanden auch Erstmaßnahmen mit größeren Maschinen statt. Nun muss die Wiese 1x jährlich gemäht werden. Um in den ehemals stark verbuschten Bereichen unerwünschte Arten wie die Kratzbeere zurückzudrängen, müssen diese bereits im Juli gemäht werden, während der zentrale Bereich erst spät im Herbst gemäht wird. Mehr Info und Fotos zur Schweizerwiese.

Berichte von vergangenen Pflegeterminen auf der Schweizerwiese: 2024, 2023, 2022

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