Renate Frank und ihr Mann betreiben gemeinsam den Bioschafhof Sonnleitner. Mit ihren robusten Krainer Steinschafen beweiden sie ökologisch besonders wertvolle Flächen im Biosphärenpark Wienerwald. Das macht sie zu wichtigen Partnern von Blühendes Österreich, um die Trocken- und Halbtrockenrasen und damit seltene Orchideenarten, Sägeschrecken, Smaragdeidechsen & Co. an der Thermenlinie zu erhalten. 
 

Im Interview erzählt Renate Frank von ihren Gedanken zum Klischee des knorrigen Schafhirten, von Schaf-Taxis und Frauenpower im Naturschutz.

 

Das klassische Bild eines Schafhirten: Ein älterer, wettergegerbter Mann mit knorrigem Stock und langem Lodenmantel. Warum gibt es Ihrer Meinung nach so ein Klischee nicht auch für Schäferinnen?

Ich wundere mich schon längere Zeit, woher das Klischee mit dem älteren Mann im langen Lodenmantel und im Schäferstock kommt! Stock und Hut sind ja brauchbar, aber stellen Sie sich vor, wie man mit so einem Ungetüm von Mantel im alpinen Gelände unterwegs sein könnte!

Meiner Ansicht nach stammt dieses Bild wahrscheinlich aus dem Norden Europas, wo das Schäfersein ein Beruf ist, den man erlernen kann, und wo ein Schäfer nicht seine eigenen Tiere hütet. Dort gibt es angeblich auch Frauen, die diesen Beruf erlernen und ausüben – aber sie haben es wohl nicht in prominente Filme geschafft! 

 

Wer hat denn bei uns traditionellerweise das Vieh gehütet?

Da muss ich nicht lange überlegen: Es waren Kinder, oder zumindest junge Leute – ich denke da an die vielen Märchen, in denen Kinder Tiere hüten, oder zum Beispiel an den Ziegenpeter in „Heidi“ oder die Gänsemagd in Nestroys „Der Talisman“. Mir haben etliche ältere Männer, aber auch Frauen, auch aus unserem Ort, erzählt, dass sie als Kinder und Jugendliche nach der Schule Ziegen, Schafe oder Rinder auf die Weide getrieben und gehütet haben. Heutzutage gibt es überhaupt kaum mehr Menschen in Österreich, die mit ihren Schafen umherziehen. Einige – sowohl Männer als auch Frauen – wandern wie mein Mann und ich mit ihren Schafen von Weide zu Weide. Das Hüten – also das Aufpassen während des ganzen Tages – überlassen sie und auch wir dem Elektrozaun.

 

Wollten Sie immer schon in der Landwirtschaft arbeiten?

Seit meiner Volksschulzeit. Damals hat mich auf einem großen Bauernhof die große Vielfalt an Arbeiten beeindruckt: vom Füttern, Melken und Auf-die-Weide- und Heimtreiben der Kühe, versorgen der Schweine, die damals noch händische Getreide- und Kukuruz-Ernte, Holz schlägern im Winter, Eier abnehmen – die Hühner legten die Eier nicht nur in die dafür vorgesehenen Nester sondern, auch in die Scheune, auf den Heuboden,…

.... das war für uns Kinder sehr spannend, fast wie jeden Tag Ostern. 

Nachdem die Meinung vorherrschte, dass man als Bauernkind geboren sein muss, um in der Landwirtschaft zu arbeiten, war dieser Wunsch lange Zeit „verschüttet“. Erst durch meinen Mann, der auch immer schon gern bei seinen Verwandten am Land war, und unser großes Grundstück am Ortsrand haben wir diese Idee gemeinsam wieder „ausgegraben“.

 

Warum arbeiten Sie ausgerechnet für und mit (Krainer Stein)Schafen?

Ursprünglich waren wir auf der Suche nach einem robusten Schaf, das man auch melken kann. Nachdem wir es bereits mit einigen anderen Schafrassen versucht hatten, entdeckten wir durch Zufall in einer Zeitschrift einen kleinen Text über das Krainer Steinschaf. Wir forschten nach, einige Zeit später starteten wir mit unseren ersten fünf Schafen dieser vom Aussterben bedrohten Rasse, und es stellte sich heraus, dass die Krainer Steinschafe besser als alle anderen zu unserer Betriebsweise und vor allem zu unseren Weideflächen passen.

Durch unsere Zucht helfen wir mit, diese alte Schafrasse wieder aufleben zu lassen.

Krainer Steinschafe sind – zumindest für Schafe – intelligent und sehr anpassungsfähig, sie kommen durch ihre spezielle Wolle gut mit den Witterungsbedingungen zurecht, sie sind froh, wenn sie sich ihre Kräuter auf unseren Weiden selber aussuchen können und brauchen kaum je einen Tierarzt. Dass die Beweidung mit Krainer Steinschafen auch unseren Weideflächen gut tut, freut uns umso mehr.
 

Was haben Ihre Krainer Steinschafe mit Sägeschrecken, Smaragdeidechsen und seltenen Orchideenarten zu tun? 

Durch die Beweidung mit Krainer Steinschafen werden viele seltene oder vom Aussterben bedrohte Pflanzen- und Tierarten gefördert und womöglich am Leben erhalten. Wo unsere Herde am Werk ist, kommt wieder Licht und Luft bis zum Boden, dadurch keimen dort Pflanzen, die im dichten Gras-Dickicht keine Überlebenschance hätten, darunter viele seltene Orchideenarten und Pflanzen, die sonst nur am Mittelmeer vorkommen.

In der Wärme des offenen Bodens sonnen sich gern die Smaragdeidechsen – schön schillernde Tiere, die mich immer ein bisserl an Saurier erinnern – und zwischen großen Steinen können sie sich blitzschnell verstecken.

Sägeschrecken – die größte heimische Heuschreckenart – sind da weitaus bedächtiger unterwegs, allerdings haben sie eine originelle Taktik entwickelt, wie sie schneller vorankommen:

Sie nehmen ein Schaf-Taxi!

Ich habe schon oft beobachtet, dass Schafe eine Sägeschrecke auf dem Rücken haben, und manchmal wechseln die grünen Reiter sogar das Pferd und krabbeln schnell zum nächsten Schaf weiter.

Naturschutz in der Praxis: Kommen Sie eher mit Frauen oder Männern in Kontakt, wenn es um die Abwicklung eines Projekts geht? In welchen Bereichen werden Frauen sichtbar oder auch unsichtbar? In welchen Bereichen Männer?

Gerade das Thema Naturschutz sehe ich nicht so männerdominiert. Es gibt Frauen und Männer, die gute Ideen haben und umsetzen. Zum Glück muss ich nicht von Projekt zu Projekt denken und arbeiten. Generhaltung und Bewirtschaftung von Trocken- und Halbtrockenrasen kann nur funktionieren, wenn es Kontinuität gibt.


Da viele unserer Weideflächen richtige Hotspots für seltene Arten sind, sind dort auch jede Menge Biologinnen und Biologen unterwegs. Von diesen Frauen und Männern haben wir schon viel Interessantes über die verschiedensten Pflanzen und Tiere gelernt.


Dort, wo wir Beweidung für Gemeinden durchführen, haben wir Unterstützung vom Landschaftspflegeverein, der Umweltbaustelle des Alpenvereins, dem Naturschutzbund ... – da kann man in den meisten Fällen sagen:

Frauenpower pur!

Und etliche Weiden werden händisch von vielen engagierten Freiwilligen gepflegt. Ohne diese Hilfe wäre die Beweidung sinnlos oder schlichtweg unmöglich. Die allerwichtigste „Kooperation“ für uns ist allerdings die mit unseren Kundinnen und Kunden: Wenn sie unsere Produkte nicht zufällig, sondern aus Überzeugung kaufen, ist das größte Lob für unsere Arbeit!

Was bedeutet es für Sie als Frau, im Naturschutz bzw. in der Landwirtschaft aktiv zu sein? 

Ich weiß nicht, ob das am Frausein liegt, aber für mich ist es wichtig, dass meine Arbeit Sinn hat, dass ich etwas damit bewirken kann.

Wenn ich sehe, wie sich die Flächen entwickeln, wie aus einer graubraunen Wiese durch Beweidung nach ein paar Jahren ein blühender Teppich geworden ist, denke ich, dass ich etwas richtig gemacht habe!

Wie kann jede/r im Alltag einen einfachen Beitrag leisten, um die Natur zu schützen?

Ich denke, das beginnt mit den kleinsten Dingen: Wer öfters mit offenen Augen zu Fuss unterwegs ist, kommt wahrscheinlich auch nicht so leicht auf die Idee, Abfall aus dem fahrenden Auto zu schmeißen.

Ansonsten finde ich, dass die Debatte um Fleisch-essen-oder-nicht falsch geführt wird: Wenn niemand Fleisch oder Wurstprodukte von uns essen würde, könnten wir die besonderen Pflanzen und Tiere auf unseren Flächen nicht erhalten.


Fleisch von Flächen, die sonst verbuschen würden, ist aus meiner Sicht nicht „böse“, denn wir Menschen könnten von der Pflanzenmasse nicht satt werden. Anders ist das freilich mit Fleisch von Tieren, die mit Getreide oder anderen Pflanzen gefüttert wurden, die der Mensch auch selber essen könnte.

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